10 Beth Ditto
Lesbische Ikone des Non-Konformismus
Seit ihrem Soulpunk-Stinkefinger gegen die Bush-Regierung – „Standing In The Way Of Control“ tanzt Beth Ditto, Frontfrau von Gossip (ohne „the“!), auf dem Parkett der Stars. Platz 1 der NME Cool List 2006, Duett mit Jarvis Cocker, im UK-Fernsehen auf der Couch mit Yoko Ono, um die Häuser ziehen mit Kate Moss. So kann’s gehen, wenn man als korpulente Lesbe und Feministin auf Platte und Bühne seine Fuck-You-Attitüde spazieren führt.
Beth, ich habe eine Überraschung für dich: Du stehst auf Platz 10 unserer Superhelden-Liste.
beth ditto: Ich? Wow!
Hast du eine Idee, wie du das geschafft hast?
Nein, ehrlich gesagt nicht, denn ich habe in letzter Zeit nichts anders gemacht als sonst. Aber es fühlt sich gut an, anerkannt zu werden.
Naja, im Bewusstsein der Popkultur sitzt immer noch diese Angst vor Übergewicht und- wenn auch bei weitem nicht mehr so stark die Homophobie. Du und Gossip bewegen dort etwas.
Das versuchen wir zumindest, denn ich sehe keinen Grund für Grenzen in der Kunst. Kunst sollte keine Grenzen haben. Und wenn wir über Popkultur reden: Da war Bessie Smith ein großer Einfluss, sie war eine der größten Blues-Sängerinnen ihrer Zeit. Diese schwere, schwarze Frau könnte in der heutigen Popkultur nicht existieren, was eine Schande ist, aber sie machte die Popmusik zu dem, was sie heute ist. Genauso war es mit Freddie Mercury, der es lieber vorzog, seine Homosexualität zu verheimlichen. Es gab eine Zeit, in der Frauen einfach ihr Leben leben, Frau sein und Musik machen konnten: vor der Herrschaft der Musikvideos, bevor das Aussehen zu so einem wichtigen Faktor wurde. Wir haben zwar nicht mehr 1976, aber uns widerstrebt es immer noch, Frauen dazu zu ermutigen, so viel zu wiegen, wie sie wollen. Allein die Tatsache, dass wir uns darüber unterhalten müssen, ist armselig. Aber wir müssen darüber reden, denn es ist immer noch ein aktuelles Thema.
Wobei die Popkultur anderen öffentlichen Bereichen, wie z. B. dem Sport, weit voraus ist. Dort herrscht noch weitaus größere Homophobie…
Ja, stimmt, da ist die Popkultur weiter. Andererseits hat Sport für mich diesen extrem homoerotischen Aspekt. All diese Männer rotten sich zusammen, um anderen Männern beim Schwitzen und Ball Spielen zuzuschauen. Bei aller Liebe, aber das ist schon ziemlich homoerotisch.
Und der Trikottausch nach dem Spiel…
… and the slapping on the ass.
WAS ANDERE ÜBER SIE SAGEN: „Strippen gehört zu ihrem Repertoire auf der Bühne. Angeblich hat sie einmal ihren haarigen Schritt dem staunenden Publikum im Londoner Club Koko präsentiert. Damit will sie einfach die Akzeptanz ihres Körpertyps 1,50 Meter groß, 100 Kilo schwer – vorantreiben und das konventionelle Frauenbild infrage stellen.“ (Germaine Greer; Feministin und Intellektuelle)
MUSS MAN SICH MERKEN: Beth Ditto hat zwischen drei Gossip-Alben längst auch ihr Solodebüt eingespielt. Aber es liegt bislang noch unveröffentlicht in der Schublade.