11 Fakten über das Schreien


1. Der Schreierei gehört ein eigenes Genre

„Screamo“ nennt sich das in den 90er-Jahren (in San Diego) getaufte Genre, in dem sich das Leid eines Emo-Sängers steigert, bis er nicht mehr anders kann als: zu schreien. Wurden anfangs hiermit noch Bands bezeichnet, denen politische Inhalte genauso wichtig waren wie ein gerüttelt Maß an Dissonanz und Chaos in ihrer Musik, verwässerte der Begriff seit Anfang der 00er-Jahre zusehends – und schließt heute Alternative-Rock- bis hin zu Metalcore-Acts ein.

2. Grohl und Lanegan waren eingetragene Schreihälse

Als die gut eingeführte DC-Hardcore-Band Scream 1986 Dave Grohl, 17, fragte, ob er ihr Schlagzeuger werden wolle, überlegte der nicht lange und schmiss die Highschool. Eineinhalb Jahrzehnte später spielte der inzwischen berühmt gewordene Grohl Drums auf SONGS FOR THE OEAF (!), einem Album der Queens Of The Stone Age. Gastsänger auf dieser Platte: Mark Lanegan, ex-Frontmann der Band ScreamingTrees.Zufall? …Jaklar.

3. Der berühmteste Filmschrei könnte eine ausgefeilte Komposition sein

Der ehemalige Rekordschwimmer Johnny Weismüller ist der einzig wahre Tarzan-Darsteller (zwölf Filme, 1932 bis 1948), sein Tarzan-Schrei legendär — und heute sogar als Marke geschützt. Der Journalist L. M. Boyd mutmaßte Anfang der 70er allerdings, dass das Dickicht-erschütterndejodeln aus „dem Knurren eines Hundes, dem Trällergesang eines Soprans, einer Violinennote und dem rückwärts abgespielten Heulen einer Hyäne“ gebastelt wurde. Da die Audiotechnik der 30er solche Kompositionen aber eigentlich noch gar nicht zuließ, gilt als am wahrscheinlichsten: Weissmüller hat tatsächlich selbst geschrien.

4. Ein Schrei genügt für 1000 Tode

Nach dem wiederum unter Sounddesignern legendärsten Film-Schrei hat sich sogar eine Band benannt: A Wilhelm Scream, HCVPunk-Rocker aus Massachusetts. Der 1951 erstmals eingesetzte Soundeffekt—benannt nach einem Wilhelm, der sich im Western „Der brennende Pfeil“ mit ebendiesem aus dem Diesseits verabschiedete — wird verwendet, wenn ei n Statist erschossen, abgestochen, in die Tiefe gestürzt wird etc. Der „Wilhelm-Schrei“ ist als running gag in unzähligen TV-Serien und Filmen, von „Star Wars“ bis „Death Proof“ zu hören. Und auch als Intro des aktuellen Tortoise-Tracks „Yi nxianghcchengqi“.

5. Shouting hat Tradition

Der Begriff des „Shouters“ als Sängereiner Band etabhertesich nicht etwa im Metal oder Hardcore, sondern an der Schwelle vom Jazz zum Rock’n’Roll. Bühnenmikrofone waren Ende der30er/Anfang der 40er Jahre wenig verbreitet, und so musste sich der Blues-Shouter alleine mit der Kraft seiner Stimme gegen das restliche Instrumentarium durchsetzen.

6. Schreien im All kostet extra

Mit Produktionskosten von sieben Millionen Dollar steht das Spaceship-Video zu Michael Jacksons Duett-Single „Scream“ mit Schwester Janet (1995) immer noch auf Platz eins der teuersten Musikvideos im „Guinness-Buch der Rekorde“.

7. In Finnland wird sogar im Chor gebrüllt‘

Mieskuoro Huutajat (dt. „Männerchor Die Schreier“) nennt sich ein 1987 im nordfinnischen Oulu gegründeter Männerchor, der es mit der schreienden und brüllenden Aufbereitung von Nationalhymnen, Volksliedern oder auch dem „Vertrag von Amsterdam“ zu einiger Berühmtheit gebracht hat.

8. Der Primal Scream ist höchst umstritten

„The Primal Scream“ („Der Urschrei“), nach dem sich Bobby Gillespies Band benannt hat, war der Titel eines Buchs des US-Psychologen Arthur Janov. EserläutertediePnmärtherapie, in deren Verlauf die Traumata frühkindlicher Erfahrungen auf drastische Weise aufgearbeitet werden. Das umstrittene Werk war in den 70ern und 80ern ein großes Thema, nicht zuletzt im Pop. So handelt z. B. John Lennons erstes offizielles Soloalbum JOHN I.ENNON/PI.ASTIC ONO BAND u. a. von seinen Erfahrungen mit dieser Therapie.

9. Yoko Ono machte es vor

Vielen Sängerinnen, die ihren Tonumfang schreiend ausbauten (Diamanda Galäs, Nina Hagen, Kate Bush u. a.), gaben als Inspiriation hierfür Yoko Ono an. Allerdings wurde auch schon vor Ono in der Avantgarde tüchtig gebrüllt, so in Kompositionen von Luciano Berio, George Crumb und Karlheinz Stockhausen – noch bevor der erste Rock’n’Roller nicht mehr an sich halten konnte.

10. Joe Cocker hat den besten

Nun aber: Welches ist der berühmteste Schrei der Rockgeschichte? Der ME sagt: Joe Cockers Gellen in seiner Version von „With A Little Help From My Friends“ natürlich! (Aber nicht etwa nur, weil wir gerade Woodstock-Jubiläum feiern.)

11. Wer die Technik nicht beherrscht, kriegt Knötchen!

Simon den Hartog von den Kilians war beileibe nicht die erste arglose Rockröhre, die inmitten einer Tour zum Schweigen verdammt wurde. Vergangenen Mai ließ er mitteilen: „Es tut mir in der Seele weh, euch mitteilen zu müssen, dass meine Stimmbänder und ich eine etwas längere Pause machen müssen“. Oft fehlt es Rocksängern an der richtigen Technik (nicht zuletzt im Metal, gerade dort, wo gekrächzt, gegrunzt und gekreischt wird, ist sie wichtig). Wenn sich dann als erstes Zeichen der Überbelastung Heiserkeit einstellt, liegt das zumeist an Knötchen auf den Stimmlippen, auch Schrei bzw. Sängerknötchen genannt.