12 Monkeys


Als Terry Gilliam noch in seiner Eigenschaft als Monty Python-Cartoonist die Welt aus den Angeln hob, gab es keine natürlichen Grenzen für sein kreatives Chaos. Als Spielfimregisseur jagte er Raum und Zeit in die Luft (‚Time Bandits‘), ließ tragische Träumer gegen eine zermürbende Zukunft antreten (‚Brazil‘) und brachte sogar im ultra-pragmatischen New York die Phantasiegebilde zum Blühen („Der König der Fischer‘). Doch so sehr er auch mit seinen Bilderfluten gegen die graue Realität anstürmte – an Hollywoods Mauern der Ignoranz holte sich Gilliam immer wieder eine blutige Nase. Dort wollten die Manager einfach nicht begreifen, warum sich der kultisch verehrte Regisseur beharrlich gegen Mainstream-Geplätscher wehrte und lieber ihr gutes Geld für in ihren Augen wirre Ideen verjuxte.

Umso erstaunlicher, daß ’12 Monkeys‘ (nach langer Zwangspause erst Gilliams fünfter Film in 15 Jahren) anstandslos von einem großen Studio finanziert wurde. Gibt es doch noch Gerechtigkeit auf Erden? Scheint so. Denn nicht nur hat es sich selbst bis zu Leuten wie Bruce Willis und Brad Pitt herumgesprochen, daß sie in einer Gilliam-Produktion nur gut aussehen können. Der Film knackte überdies die US-Charts, ist von der Kritik als Triumph erkannt worden und bietet in komprimierter Form all den wundersamen Wahnsinn, die morbide Märchenhaftigkeit und phantastischen Visionen, die in dem Manne stecken. ’12 Monkeys‘ ist nichts weniger, als das perfekte Stück Kino, auf das sich Gilliam sein Leben Lang vorbereitet hat.

Aber es ist kein Trip für denkfaule Zeitgenossen: ’12 Monkeys‘ startet als extrem rätselhafte Symbiose aus Science Fiction-Thriller, Charakterdrama und Love Story – um dann allmählich an Komplexität zu gewinnen.

Am Anfang steht die Zukunft. Im Jahr 2035 ist die Erde bis auf ein paar im Untergrund lebende Freaks menschenleer – entvölkert durch eine rätselhafte Virenepedemie im Jahr 1996. Ausgerechnet der Schwerkriminelle Cole (Willis) wird mit einer störungsanfälligen Zeitmaschine in die Vergangenheit geschickt, um den Ursprung der Virenkatastrophe zu lokalisieren. ‚Terminator‘ meets ‚Outbreak‘? Mehr als das, viel mehr. Denn nicht nur springt der Film andauernd zwischen den Zeitebenen herum, legt falsche Fährten (wer, zum Henker, ist die ominöse „Army of the 12 Monkeys“?) und läßt uns im Unklaren darüber, welche Rolle ein immer wiederkehrender Alptraum Coles spielt. Er stellt auch mit brillanter Beiläufigkeit die Frage nach den Definitionen von Irrsinn und Normalität. Das wissenschaftliche Weltbild einer Psychiaterin (Madeleine Stowe) gerät ins Wanken, während sie Cole beim Wettlauf gegen die Apokalypse zur Seite steht. In einer Klapse scheint der augenrollende Tieraktivist Jeffrey (Pitt) mehr Klarsicht als seine Wärter zu besitzen. Und Cole selbst, der als verletzlicher Einzelgänger durch die Zivilisation des Jahres 1996 gehetzt wird, wird erst am bitteren Ende klar, ober er wacht oder träumt, total spinnt oder Geistesblitze sprüht. So sehr ist unser Verstand zu diesem Zeitpunkt schon auf Touren gebracht, daß Gilliam mit einer finalen Finte leichtes Spiel dabei hat, uns auch noch das Herz zu brechen. Und das ist erst recht zum Verrücktwerden.