15. Architektur-Biennale in Venedig: die Flüchtlingskrise im Fokus
Die Architekten der diesjährigen Biennale reagieren auf die Flüchtlingskrise, Umweltverschmutzung und Wohnungsnot.
Am 28. Mai 2016 fiel der Startschuss für die 15. Architektur-Biennale in Venedig, die zweijährlich stattfindet und sich mit der ebenso dort ansässigen Kunstbiennale abwechselt.
Der Leitsatz für 2016: „Reporting from The Front“
In den Beiträgen der Biennale reagieren Architekten meist auf das aktuelle Geschehen in der Welt. Daher steht dieses Jahr unter anderem die Flüchtlingskrise im Fokus. Die Frage nach der Unterbringung von geflüchteten Menschen in ihrer neuen Heimat ist ein viel diskutiertes Thema und gibt Architekten und Stadtplanern die Möglichkeit sich mit neuen Lösungsansätzen zu beweisen – und dabei auch Themen wie herrschende Wohnungsnot anzuschneiden. Das offizielle Konzept 2016 steht unter dem Motto „Reporting from The Front“ – die Auseinandersetzung mit sozial-politischen Themen.
Einer der zentralen Beiträge zur Flüchtlingskrise stammt aus Deutschland. „Making Heimat. Germany, Arrival Country“ lautet der Titel des Projekts. Das Berliner Architekturbüro Something Fantastic hat in dem denkmalgeschützten, 1938 von den Nationalsozialisten umgebauten Gebäude vier Öffnungen geschaffen, die als Einladung, den Pavillon zu betreten, verstanden werden dürfen. Die Inneneinrichtung mit einer Sitzgruppe, WLAN und Strom stellt einen Ankunftsort dar. Deutschland setzt damit eine klare politische Botschaft. „Deutschland ist offen. Der Pavillon ist offen“, sagt Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt.
Recyling: Kurator Alejandro Aravena macht es vor
Insgesamt sind dieses Jahr 88 Teilnehmer aus 37 Ländern vertreten. Kuratiert wird die Ausstellung von dem chilenischen Architekten Alejandro Aravena, der im ersten Raum sein eigenes Werk „Making Of“ zeigt: Aus den Materialien der letztjährigen Kunstbiennale schuf er eine neue Arbeit. Auf Bildschirmen, die nicht Teil des Recycling-Prozesses waren, kann man nachvollziehen, wie er die letzte Biennale auseinander- und die neue wieder zusammenbaute.
Recycling hat sich auch der indische Architekt Anupama Kundoo zu Herzen genommen, der aus den Resten des deutschen Pavillons von 2015 ein neues Werk erschaffen hat. Das aus der Türkei stammende Projekt ist ein Schiff, das ausschließlich aus Abfallprodukten besteht. Im chilenischen Pavillon soll demonstriert werden, wie man in ländlichen Gegenden Gebäude mit Überbleibseln der Landwirtschaft bauen könnte.
Goldene Löwen für Spanien und Gabinete de Arquitectura
Die besten Beiträge der Biennale werden von Kurator Aravena und einer internationalen Jury mit dem „Golden Lion“ bedacht. Die Auszeichnung für die „Best National Participation“ ging an Spanien mit dem Projekt „UNFINISHED“, einer Art Werkschau von Nachwuchsarchitekten, die mit neuen Ideen die Grenzen der Architektur überschreiten.
Ein zweiter goldener Löwe ging an Gabinete de Arquitectura aus Paraguay, die aufzeigten, dass man auch simplen Zutaten – Ziegelsteine und nicht professionelle Arbeiter – durchaus architektonische Strukturen mit einer langen Lebensdauer bauen kann.
Einen „Silver Lion“ erhielt der nigerianische Architekt Kunlé Adeyemi mit seinem Büro NLÉ. Er brachte eine auf dem Wasser stehende Schule mit nach Venedig. Die Jury lobt die Idee, da man daran erkenne, mit welch simplen Mitteln für Bildung gesorgt werden kann.
Der brasilianische Paulo Mendes da Rocha, der maßgeblich die Avantgarde-Bewegung der Stadt Sao Paulo beeinflusste, wurde mit einem „Golden Lion“ für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Der 87-Jährige setzte in seinen Arbeiten stets auf geometrische Formen, komplexe Grundrisse und vor allem (Stahl)beton.
Im Rahmen der diesjährigen Biennale, die noch bis zum 27. November 2016 läuft, gibt es außerdem eine Retrospektive für die Ende März verstorbene Zaha Hadid zu sehen. Sie zeigt frühe Zeichnungen, Modelle und Fotos von bereits bestehenden Projekten und solchen, die sich noch in der Planung befanden.