Völlig losgelöst!


Dandy Warhols GmbH & Co.- Nach dem Bruch mit ihrem Label ist die Band aus Portland „wirklich "independent".

Er wolle „das verdammte Radio erobern“, hatte Courtney Taylor-Taylor noch beim letzten Interview verkündet. Dass das nicht geklappt hat, lag unter anderem an „Smoke It“, der ersten Single von odditorium or warlords from mars, deren Aufruf zum Marihuana-Konsum die US-Radios irgendwie nicht so super fanden. Kaum ein Sender wollte den Kiffersong spielen.

Das kann mit der neuen Platte earth to the dandy warhols nicht passieren. Berauschende Effekte wurden der Substanz, der da gehuldigt wird, zumindest noch nicht nachgesagt. In „Musee D’Nougat“ wird mit französischem Akzent über Synthieflächen die Geschichte des Nougats referiert. Das titelgebende Museum gibt es im französischen Montelimar übrigens wirklich. „Die haben da einen zwei Tonnen schweren Nougat-Brocken!“, schwärmt Courtney.

Dass es mit dem Radio diesmal was wird, darf trotzdem bezweifelt werden. Das sechste Dandies-Album macht keine Anstalten, mehr zu sein als ein meist träge schwappender Sud von Erwartbarkeiten, nickt mal Richtung Stones, mal Richtung Talking Heads und kommt auch durch einen Gitarren-Gastauftritt von Mark Knopfler (Courtney: „der Lou Reed, den zu mögen einem nicht peinlich sein muss“) nicht richtig aus dem Quark. Courtney ist trotzdem überzeugt, dass das Album Radio-Chancen hat: Da sei ein Song für die Hardrock-Sender, einer fürs Pop-Radio, einer für Alternative-Stationen…

Wenn der Chef-Dandy dabei klingt wie sein eigener Promoter, liegt’s daran, dass er neuerdings genau das ist. Seit dem Bruch mit Capitol Records wegen der schlechten Verkäufe von odditorium … vermarktet die Band ihre Musik mit dem eigenen Label Beat The World selbst. „Jetzt sind wir wirklich independent“, sagt Courtney. Und das bedeutet vor allem: Arbeit. Fast täglich ist die Band in ihrem Odditorium-Studiokomplex in Portland, zum Beispiel um das in Zeiten von Download-Shops obligate Bonusmaterial aufzunehmen. „Wenn die Platte selbst fertig ist, musst du noch mal Material im Gegenwert mindestens eines Albums aufnehmen. Zwei exklusive Songs für iTunes Japan, drei für iTunes USA, eine 4-Track-EP für eine australische Elektronik-Kette …“ Dann müssen noch Videos gedreht, Radiospots produziert und Konzertplakate designt werden – all das macht die Firma Dandy nun im Alleingang.

„Wir stecken bis zu den Oberarmen in Arbeit“, sagt Courtney. Aber so soll es auch sein. „Wir haben eh dauernd Ideen für schräge Filme und solche Sachen. Bei Capitol hat das bloß keinen interessiert. Im Moment fühlt es sich für uns so an, als wäre der alte Stoner-Traum wahr geworden: .Wäre es nicht toll, wenn wir all das, was wir uns bekifft ausdenken, auch mal umsetzen?‘ Genau das machen wir jetzt.“

Also Aufbruchstimmung, trotz verschärfter Bedingungen. Einen zweiten Hit wie „Bohemian Like You“ wünscht Courtney sich nicht herbei. „Nur als letzten Ausweg. Es wird deprimierend, wenn zig Leute, die sich sonst nicht für dich interessieren, dich wegen eines einzigen Songs gut finden.“

Und dich auf der Straße erkennen. Was momentan nicht der Fall ist: „Wenn wir zum Beispiel in London spielen und hinterher durch die Clubs ziehen… Also, wenn ich eins nicht will, dann total breit in einer Zeitung stehen.“

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