Hirn flimmern
Der Leser — also im Grunde: Sie – letztens wieder. Ich muss schon sagen. „Hallo ME“, schrieben Sie da, „wie kann es sein, dass Du den zweitwichtigsten deutschen Avantgarde-Export der letzten 30 Jahre nicht kennst?“ Mir fehlten jetzt ein paar Infos, zum Beispiel: Wer ist, wenn wir hier schon den zweitwichtigsten offensichtlich nicht kennen – wobei mir bislang noch schleierhaft war, wo und wie wir uns diese Blöße gegeben hatten – denn nur der erstwichtigste deutsche Avantgarde-Export der letzten 30 Jahre? Ich erhoffte mir mehr Aufschluss vom Verlauf des Briefes: „Aber, Mutter‘ kennst du, deren Sänger Max Müller? Das sind Brüder!“ Ich stutzte. Mutter kannte ich, klar. Meine halt. Aber deren Sänger? Meine Mutter singt ja selber ganz wunderschön, die braucht doch keinen … Moment. Mal gesetzt den Fall, meine Mutter hätte – ganz hypothetisch – einen Sänger namens Max Müller: Wie kann der mit ihr “ Brüder“ sein? Mir fehlten wohl noch immer Puzzleteile. „Ja“, fuhr der Brief fort, „sie tragen ausnahmsweise einmal nicht zufällig denselben Nachnamen. Und sie kommen beide aus der Stadt des deutschen Fußballmeisters. “ Okay. Erstens kenne ich gaaaanz viele Leute, die gänzlich unzufällig den selben Nachnamen tragen (hervorragendes Beispiel: meine Mutter und ich); von einer Ausnahme im Falle Müller kann also keine Rede sein. Und welche, bitte, ist jetzt noch mal die Stadt des deutschen Fußballmeisters? Helfen Sie mir. Entweder kann das jede Stadt sein, weil ja jedes Hinterdupfing irgendwann mal Fußballmeister war. Oder aber es ist München, weil die halt normalerweise Fußballmeister sind. Darüberhinaus möchte ich nicht damit belastet werden, mir selber herzuleiten oder gar -googlen, was hier gemeint sein könnte, nur weil ein Zeitgeist unterstellt, Kenntnisse in Fußballbclangen seien imperativ. Eine kleine Birne begann jetzt in meinem Kopf zu glimmen. Müller. Müller… Müller! Dass ich nicht gleich drauf gekommen war! Bei dem Namen! Der Brief spielte an auf einen Download-Tipp im letzten Heft, von einem Sänger namens da! – Wolfgang Müller, über den ich ungefragt im Namen der Redaktion – bekannt hatte: „wir kannten den bisher nicht“. Mir fiel eine Schuppe vom Auge. Max Müller — Wolfgang Müller! Max & Wolf gang Müller! Es war beinahe ZU einfach! Aber ich raffte immer noch nicht… Endlich gab der enigmatische Brief sein Geheimnis preis:“Den Backkatalog der,Tödlichen Doris‘ gibt’s überdies für lau zum Herunterladen.“ Wolfgang Müller von der Tödlichen Doris! Deutschlands zweitwichtigstem Avantgarde-Export der letzten 30 Jah^ re! Mensch. Also ich kannte den nicht. Stelle aber klar: Es mag durchaus sein, dass der ein oder andere Kollege Woljgang Müller kennt. Oder es geht denen wie mir: Ich kenne a/lein privat drei Wolfgang Müller. Einer saß sogar acht Jahre lang neben mir in der Schule, und wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, kann ich mit Bestimmtheit sagen: Da ging wenig mit Avantgarde-Exporten. So. Das war exploitativer Kolumnismus. Ich war verzweifelt, Sie können sich nicht vorstellen, wie dringend diese Seite fertig werden musste. Der sich hoffentlich nicht verunglimpft sehende Briejschrciber also Sie – lasse sich bitte nicht abschrecken, weiterhin gute Tipps einzureichen. Allein: Wer ist denn nun Deutschlands wichtigster Avantgarde-Export?