The Singles
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass alle offiziellen, semi-offiziellen und nicht offiziellen Songs zur Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika nicht in dieser Rubrik auftauchen. Weil: es nervt. Kommen wir deshalb ohne Umschweife zu Alba Lua. Das Trio aus Bordeaux bewegt sich auf „Ballad Of Joseph Merrick“ (Satellite Of Love/!K7/Alive) zwischen niedlicher Lo-Fi-Ästhetik und Dream-Pop, wobei der Niedlichkeits-Lo-Fi-Faktor bei den drei Liedern der Single leider in der Minderheit bleibt. My Bloody Valentine light.
„Flashy Flashy“ (BPitch Control/Kompakt) von Ellen Allien wird mit zunehmenden Anhörungen zu einem Monsterhit. Der Track erarbeitet sich seine Weirdness aus den verspielten, atonal-verstimmten Synthlinien. Minimal non minimal. Der „Alexi Delano Remix“ geht mehr in Richtung Tanzbarkeit, gefällt sich aber doch noch sehr in ungerader Effekthascherei. Das New Yorker House-Wunderkind Nicoals Jaar legt einen Haufen Percussioninstrumente aufs Original und singt den Text mit tiefergelegter Croonerstimme. Mehr eine Coverversion als ein Remix.
Gudrun Gut (Ex-Malaria) und Antye Greie (zuhause in diversen elektronischen Kontexten) haben sich zur Greie Gut Fraktion zusammengetan. Deren Art-Electro-Version von Palais Schaumburgs 1981er Klassiker „Wir bauen eine neue Stadt“ wird auf „Stadt Mixe“ (Monika/Kompakt) drei Neubehandlungen unterzogen. Das „Alva Noto Remodel“ von Carsten Nicolai arbeitet mit gedämpftem, gecuttetem, organischem Noise. Die B-Seite der 12-Inch wurde freigeräumt für die beiden „Freiland Klaviermixe“ von Wolfgang Voigt. Bei denen steht zwar das Klavier im Mittelpunkt, aber deutlich dekonstruktivistisch und damit dem Bezugsrahmen der experimentellen elektronischen Musik untergeordnet.
Das 19-Jahre-danach-Album von Grace Jones, HURRICANE, ist auch schon wieder eineinhalb Jahre alt. Was Miss Jones oder deren Label nicht daran hindert, mit „Love You To Life“ (Wall Of Sound/PIAS/Rough Trade) die dritte Single aus dem Album zu veröffentlichen. Das Original ist einer dieser Jones’schen 80er-Jahre-Digital-Electro-Pop-Replica-Songs, der im „Digital Mystiks Remix“ vom gleichnamigen Londoner Produzentenduo zu einem gebremsten Dubstepper verarbeitet wird.
Die Fußball-WM versucht sich durch die Hintertür Zugang zu dieser Rubrik zu erschleichen. Und zwar über eien B-Seite von Katrina And The Waves. Deren unerträglich sonnenscheiniges, notorisch-fröhliches „Walking On Sunshine 25“ (Tummy Touch) will auch in der Neuversion gar nicht funktionieren. Dann gibt’s da noch die mainstream-afropopisierte Version mit dem Soweto Gospel Choir. Die ist auch nicht gut.
Erinnert sich noch jemand an „den“ Lovefoxxx? Der Lovefoxxx ist die Sängerin von CSS, der brasilianischen Electro-Rock-Band, an die sich heute keiner mehr erinnern will. Der Lovefoxxx gastsingt auf „Nightcall“ (Record Makers/Alive), der neuen Single des French-Electro-Housers Kavinsky. Der Titeltrack (produziert von Guy-Manuel de Homem-Christo von Daft Punk) hat ebenso wie „Pacific Coast Highway“ diese gebremste französische Electro-Housigkeit mit cheesy 80er-Jahre-Sequencer-Quatsch, an den wir uns doch immer noch gerne erinnern.
So ganz haben wir die Aufregung um diesen theatralischen Pop von Marina & The Diamonds nicht verstanden. Aber vielleicht bringt ja die aktuelle Single „Hollywood“ (679/Warner) ein paar neue Erkenntnisse. Nein, die Originalversion schon mal nicht. Aber da gibt’s ja noch den „Gonzales Remix“, aber der macht den Track noch ein bisschen theatralischer und musicalhafter.
Immer wenn Punk’d Royal aus Düsseldorf auf „Muscles“ (PPR/Finetunes) so ähnlich klingen wie die frühen Air, so locker und leicht Synthie- und Indie-poppig, dann ist fast alles gut. Wenn es aber dann in eine mehr „ernsthafte“, rockigere Richtung geht (wie im Song „Young Urbans“) hört man den Düsseldorfern den verkrampften Kampf um jede Note und jede Phrase an.
Der Südafrikaner Nic Olsen ist kein Fremder auf diesen Seiten. Nein, denn wir kümmern uns nämlich auch um Südafrika, wenn dort nicht gerade die Fußballweltmeisterschaft stattfindet. Son Of Old nennt sich Olsens mittlerweile auf zwei Mann angewachsenes Projekt. Die „Poison Rain EP“ (Little Teddy Recordings/Cargo) bietet fluffigen West-Coast-inspirierten 60er-Jahre-Folk mit Psychedelia-Einschlag. Leider hat Olson für The Parlotones (die, verdammt nochmal, „offizielle FIFA World Cup Band 2010“) den Song „Push Me To The Floor“ komponiert. Was die Ankündigung von ganz oben ein bisschen relativiert.