Kino
Film des Monats
Sockenschuss
Das A-Team – Der Film
Von Joe Carnahan, mit Liam Neeson, Bradley Cooper, Jessica Biel, USA 2010
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Ich liebe es, wenn ein Film funktioniert. DAS A-TEAM gehört leider nicht zu dieser Gattung.
Dies ist ein Verriss. Eine Empörung, eine Philippika, eine Absage an den Status Quo in Hollywood. DAS A-TEAM – DER FILM ist nicht der schlechteste Film in diesem Jahr. KAMPF DER TITANEN hat immer noch die Nase vorn, und JONAH HEX hat gute Chancen, all die anderen Rohrkrepierer zu überholen, den Kampf um die Krone of Krampf mit auf den Rücken gebundenen Armen zu gewinnen. Aber DAS A-TEAM ist der Film, der das Fass zum Überlaufen bringt, der programmatisch ist für alles, was Hollywood gerade falsch macht. Man muss es so deutlich sagen: Das aktuelle Blockbuster-Prinzip ist am Ende, so wie das klassische Studiosystem in den Sechzigern, das schließlich von New Hollywood weggespült wurde. All die Fortschritte in der Technologie, alles Denkbare auch filmisch machbar zu machen, haben die Filmemacher nicht befreit, sondern ihnen vielmehr ein Korsett übergestülpt, das sich bei genauerem Hinsehen als Zwangsjacke erweist. Kreativ sind nicht mehr die Filme, sondern die Marketingabteilungen, die sie verkaufen müssen. Fernsehen hat dem Kino den Rang abgelaufen. Wer sich zuerst eine beliebige Folge von MAD MEN ansieht und sich danach dem A-TEAM aussetzt, wird verstehen, was ich meine: Im Kino zu sitzen und zu hoffen, es möge nicht allzu schlimm werden, ist nicht die beste Werbung für eine Branche, der AVATAR zwar den bislang größten Erfolg bescherte, aber auch seine selbst geschaffenen Limitierungen aufzeigte. DAS A-TEAM ist der Inbegriff der Sackgasse, in die man sich geschickt hat. Basierend auf einer vergessenswerten Serie der 80er, schafft er es aber nicht einmal, das kleine bisschen eigenen Charme der Vorlage zu isolieren und für die große Leinwand zu übersetzen. Was fehlt in dieser Ansammlung unwitziger Jokes, dämlicher Actionszenen und freudloser Storypoints, ist eine Idee, eine Vision. Was man bekommt, sind unterforderte Schauspieler und gähnende Langeweile. Auf die große Flut, die all die unerfreulichen Perserprinzen, Valentinstage, Kautionscops, Robin Hoods und Sex & The Citys endlich wegspült, die den seelenlosen, am Reißbrett entstandenen und der immer wieder gleichen Schablone folgenden Materialschlachten den Garaus macht, kann man hoffen. Warten muss man nicht auf sie.
Start: 12. August, www.ateam-movie.com
Toy Story 3
Von Lee Unkrich, USA 2010
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In die Unendlichkeit, aber nicht darüber hinaus: Pixars Spielzeugladen macht Schicht.
Und dann gibt es immer die Ausnahme (siehe hier) zur Regel (siehe links). Seit 15 Jahren hat die Ausnahme einen Namen: Pixar Animation liefert seit 1995 mit regelrecht erschreckender Konstanz Filme ab, die originell sind, die bewegen, überraschen und ihr Publikum emotional wie intellektuell involvieren. TOY STORY 3 fügt sich nahtlos ins Bild und beweist obendrein, dass ein Sequel nicht gleichbedeutend mit Stillstand sein muss. Tatsächlich versteht sich der Abschluss der Saga um Cowboy Woody, Buzz Lightyear und deren Kumpane aus dem Kinderzimmer des nunmehr erwachsenen Jungen Andy als Fortsetzung im Sinne des Wortes: Er baut aufs Vertraute auf, hat aber so viel Substanz, dass man mit dem Altbekannten in völlig neue Bereiche vordringt. Wie Regisseur Lee Unkrich das Abenteuer auf den letzten Metern zum lupenreinen Gefängnisausbruchsfilm macht, ohne die Bedürfnisse seiner Figuren aus den Augen zu verlieren, ist Kinofreude pur.
Start: 29. Juli, www.disney.de
Knight & Day
Von James Mangold, USA 2010
****1/2*
mit Tom Cruise, Cameron Diaz
Was für Brangelina gut ist, ist Tom & Cam recht und billig.
Muss man sich vielleicht rot im Kalender anstreichen: Dass dereinst der Tag kommen würde, in denen eine Actionkomödie mit Tom Cruise und Cameron Diaz als Außenseiter eines Kinosommers zählen würde, hätte man selbst nach Toms Affentanz bei Oprahgate so schnell nicht erwartet. Aber so ist das jetzt nun mal: Wer nicht mit einer längst eingeführten Marke an den Start geht, wird als Exot abgestempelt, egal ob der Hauptdarsteller der größte Filmstar der letzten 25 Jahre ist oder nicht. Wobei die Prämisse des neuen Films von WALK THE LINE-Macher James Mangold nicht gerade vor Originalität sprüht. Er ist eine Variation von MR. & MRS. SMITH. Doch KNIGHT & DAY schafft etwas, das im aktuellen Hollywood als wahrhaft revolutionär gelten darf: Er macht Spaß.
Start: 22. Juli, www.knightanddaymovie.com
Inception
Von Christopher Nolan, USA 2010
(keine Wertung)
mit Leonardo DiCaprio, Ken Watanabe, Joseph Gordon-Levitt
Auf Traum gebaut: Ein Kopfkrimi für Herz und Verstand.
Und wollen wir mal INCEPTION nicht vergessen, das große Fragezeichen des laufenden Kinosommers. Und die große Hoffnung. Weil Christopher Nolan der Regisseur ist. Weil der Stoff nicht auf einer bereits bestehenden Marke basiert – wenn man davon absieht, dass Nolan zuletzt mit THE DARK KNIGHT bewies, dass sich Masse und Klasse nicht ausschließen müssen. Weil wenige Wochen vor Start immer noch nicht klar ist, worum es gehen soll: Eine Gruppe von Traumdieben dringt in die Köpfe anderer Menschen ein und manipuliert in deren Schlaf ihre Gedanken. Ooookay … Und selbst wenn man das erst einmal kauft: Wie soll das gehen? Noch wichtiger: Wie soll es aussehen? Und am allerwichtigsten: Wie macht man aus der Idee einen Film mit einer nachvollziehbaren Handlung? Der Autor dieser Zeilen ist jedenfalls gespannt wie ein Flitzebogen.
Start: 29. Juli
www.warnerbros.de
Mother
Von Bong Joon-ho, Südkorea 2009
*****1/2*
mit Won Bin, Kim Hye-ja
Wozu Mütter fähig sind, beantwortet der beste koreanische Film des Jahres.
Als der neue Film des Regisseurs von The Host im vergangenen Jahr Weltpremiere in der Cannes-Nebenreihe Un Certain Regard feierte, war der Protest groß. Die Filmkritik hätte diesen meisterhaft absurden Krimi, dessen Geschichte auch Dürrenmatt oder Dostojewski gut zu Gesicht gestanden hätte, am liebsten im Wettbewerb gesehen, wo er sich auch Palmen-Chancen hätte ausrechnen können. Gut genug ist er: Wie Bong hier von einer Mutter erzählt, deren geistig verwirrtem Sohn der Prozess für ein Verbrechen gemacht werden soll, das er unter Druck gesteht, ohne dass es ausreichende Beweise gäbe, ist eine Psychogroteske, eine sich mit jeder Entdeckung der auf eigene Faust ermittelnden Mutter monströser werdende Farce, in der Mutterliebe zu Extremen getrieben wird wie seit SCREAM 2 nicht mehr.
Start: 5. August, www.mfa-film.de