„Tarantino ist ein Maniac“


Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte. Nur welche? Wir haben nachgefragt. Diesmal: August Diehl.

ANDREAS BAADER

In seinem neuen Film „Wer wenn nicht wir“ spielt Diehl den Schriftsteller Bernward Vesper, der in den 60er-Jahren politischer Aktivist war, mit Gudrun Ensslin einen Sohn bekam, aber Andreas Baader und der RAF kritisch gegenüberstand.

Als ich jünger war, habe ich von Berliner Theatermachern der 60er-Jahre, die nah an Andreas Baader dran waren, so viele Geschichten über ihn gehört. Die beschrieben ihn als absolut langweiligen, brutalen Rüpel bis hin zu einem wahnsinnig charismatischen Menschen. Es gibt auch so unterschiedliche Bilder von ihm. Hier sieht er ja fast weich aus. Ich habe viel über ihn gelesen. Das Interessante ist, dass er – und auch Gudrun Ensslin – aus einem so aufgeklärten Hause kam, in dem durchaus viel diskutiert werden durfte. Ganz anders bei Bernward Vesper. Dennoch hat Baader rebelliert und ist zum Terroristen geworden und nicht der, der die Probleme mit seinen Eltern hatte.

Quentin TARANTINO

In Tarantinos „Inglourious Basterds“ spielte August Diehl die Rolle des SS-Sturmbannführers Hellstrom.

Das ist ein gutes Bild von ihm. Beim Dreh sah er nicht immer so gut aus. Es war ein einziges Fest, mit ihm zu arbeiten – von Anfang an aufregend. Wir haben an meiner Szene fast drei Wochen gedreht. Selbst ein Theaterstück habe ich nie so oft gespielt. Es war beinahe so, als würden wir ein Musical oder eine Oper drehen. Wie ein Rausch. Tarantino ist ein Maniac, ein Kind. Einer, der wahrscheinlich gar nicht so viel übers Leben weiß, aber dafür eine ganze Menge über Filme und daher vielleicht wieder doch sehr viel übers Leben. Ich hatte so einen Menschen vorher noch nie getroffen. Er hat etwas Unberechenbares, aber genau das kann sehr animierend sein.

KÄSE

Der Bleu d’Auvergne stammt aus der Gegend Frankreichs, in der August Diehl die ersten Jahre seiner Kindheit verbracht hat.

Ich bin ein großer Käsefan. Das Einzige, was mir außerhalb von Europa kulinarisch abgeht, ist guter Käse. Und ich mag besonders diese kleinen Stinker hier. Das ist doch ein Bleu, oder? Das erinnert mich sehr an Frankreich und meine Kindheit. Was hier noch fehlt, ist ein Glas schöner Rotwein. Da kenne ich mich zwar nicht so gut aus, aber ich weiß, was mir schmeckt, und ich mag auch diese süffigen Tafelweine. Eigentlich servieren Franzosen den Wein in den Restaurants oft etwas zu kalt, und doch schmeckt er mir.

KLAUS KINSKI

Deutsche Schauspieler in Nazirollen haben im Hollywoodkino Tradition, schon lange vor „Inglourious Basterds“. Klaus Kinski reihte sich, wie hier in „Todeskommando Panthersprung“, ebenfalls ein.

Der lässt einen einfach nicht los. Tolles Bild! Und es erinnert mich stark an Tarantino, gerade auch darin, wie die Leichen da draußen liegen. So einen wie Klaus Kinski vermisst man heutzutage irgendwie. Obwohl er vielleicht nicht mehr auf so viele offene Ohren stoßen würde. Er war ein Wahnsinnsschauspieler, aber nicht immer leicht im Umgang. Ich hatte früher eine Platte, auf der er Gedichte rezitiert, die konnte ich allerdings nicht immer hören. Man braucht ein gewisses Energielevel, um Klaus Kinski zu ertragen. Erst auf diesem Level versteht man überhaupt, was er macht.

Michael HANEKE

Diehl nahm am Casting zu Michael Hanekes preisgekröntem Film „Das weiße Band“ teil, spielte jedoch nicht mit. Er hätte aber wohl gern …

Haneke habe ich kennengelernt, als ich das Stück „Die Möwe“ (2000 im Burgtheater Wien – Anm. d. Red.) gespielt habe. Wir hatten ein langes Gespräch in der Kantine. Er ist ein begeisterter Theatergänger. Und er war sehr interessiert an jungen Schauspielern, hat viele Fragen gestellt und tolle Sachen gesagt. Ich finde, er ist einer der wichtigsten Filmemacher Europas. Und ich würde wirklich sehr gern mit ihm arbeiten, denn seine Filme sind einzigartig. Es geht ihm vor allem um den Bildausschnitt oder den Ausschnitt einer Geschichte. Vieles zeigt er dem Zuschauer einfach nicht, es passiert im Off. Das ist toll und auch unheimlich.

HANDS UP EXCITEMENT

In dieser Band, die nach eigener Beschreibung „melodramatischen Pop“ spielt, ist August Diehl der Gitarrist.

Das Bild zeigt uns bei unserem Auftritt auf dem „La Pampa“-Festival in Görlitz. Die Band ist seit zwei Jahren wie eine kleine Familie für mich. Das ist schon sehr aufregend. Gerade auch, weil wir so viele sind: Wir sind zu acht. Obwohl es Spaß macht, ist diese Sache nicht nur ein Hobby, sondern richtig Arbeit. Es hat auch viel mit meinem eigentlichen Beruf zu tun. Musik ist, miteinander zu spielen, sich zu arrangieren, etwas gemeinsam zu schaffen, das größer als man selbst ist. Und das will man ja auch beim Theater oder Film erreichen.

HOLLYWOOD

Hollywood klopft immer wieder an August Diehls Tür, dennoch mag er nicht dorthin ziehen.

Ich würde gerne mal nach Hollywood reisen, der Leute und der Filme wegen, aber nicht unbedingt dort wohnen. Es ist unglaublich, wie schäbig das auf diesem Bild alles aussieht. Auch dieser Schriftzug – da hätte man durchaus etwas Schöneres nehmen können. Es gab in meiner Kindheit in Frankreich übrigens einen Kaugummi, der hieß „Hollywood“ und trug auch diesen Schriftzug. Das war meine erste Verbindung zu diesem Ort, bevor ich überhaupt wusste, was Hollywood ist.

ANGELINA Jolie

Im Film „Salt“ mimt August Diehl Angelina Jolies Ehemann.

Das sieht ja richtig gut aus. Eine tolle Frau – sehr lustig, bodenständig, fast kumpelhaft. Die ganze Zeit hat sie mich behandelt, als hätte ich die Hauptrolle. Einer der Gründe, warum ich in diesem Film mitgespielt habe, war, dass wir uns gleich so gut verstanden haben und miteinander herumblödelten. Ich bekam deshalb nicht einmal richtig mit, wie mir jemand ins Ohr flüsterte, dass ich die Rolle habe. Das realisierte ich dann erst im Flieger zurück nach Hause und dachte: Was war das denn?