The Singles


Doofer geht’s kaum als auf „L.O.V.E. Banana“ (Man Recordings/Finetunes) von João Brasil feat. Lovefoxxx. Brasil ist „der brasilianische Mash-Up-Maestro“ und Lovefoxxx die Sängerin von CSS, die auch demnächst wieder mit einem Album „um die Ecke kommen“, wie ihr es ausdrücken würdet. Das Lied – textlich eine Hymne an die Banane mit durchaus masturbationsfreudigen Untertönen – ist eine Mischung aus „Lambada“ und End-Siebziger-Disco-Craze. Dazu diverse Remixe, u.a. von Daniel Haaksman, den man anstandslos auflegen kann. Da Doof das neue Klug ist, geht „L.O.V.E. Banana“ natürlich voll okay.

Als 12-Inch war „Ego / Mirror“ (Text – UK-Import) von Burial, Four Tet & Thom Yorke innerhalb von Millisekunden ausverkauft. Die beteiligten Künstler sind ja mannigfaltig verstrickt durch gegen- und wechselseitiges Remixen und Auflegen. Die beiden Tracks dieser Doppel-A-Seiten-Single dürfen durchaus als Songs mit Hitqualitäten bezeichnet werden. „Ego“ hat mehr Soundcolorierungen als das eher schwarz-weiße, aber nicht weniger atemberaubende „Mirror“, beide Stücke wurden aber gerade aus der Dubstep-2.0-Schule entlassen. Diese „Kollabo“, wie ihr es ausdrücken würdet, mit Dubstep-Veteran Burial festigt Four Tets gegenwärtigen Flirt mit der Bassmusik und zeigt aber auch, dass Thom Yorke mit Radiohead ab Kid A quasi die Vorlage geliefert hat für den Dubstep wie er gegenwärtig ausgelegt wird.

Das alte Lady Gaga-Phänomen: Zunächst klingt „Judas“ (Interscope/Universal) ein bisschen doof, doch nach mehreren Anhörungen geht die Sache richtig ab. Diesmal klaut Gaga wieder von sich selbst („Bad Romance“). Zur Eurodance-Strophe (und einem Text, der wahrscheinlich nur in den USA als „kontrovers“ aufgefasst werden dürfte) gibt es ziemlich heavy Electro-Rock-Sounds, an deren Vorhandensein in den Charts man sich langsam gewöhnen muss.

Vorsicht, ein Berlin-Ding. Laing, ein All-Frauen-Quartett, übersetzt auf „030 / 577 07 886“ (The Music Agents/Soulfood) Ideal und frühe Nena in einen (auch schon wieder) leicht angegrauten Elektro-Pop-Kontext – das klingt dann wie bravere Chicks On Speed. Dazu gibt’s eine entschleunigte Coverversion von „Alles nur geklaut“ der Prinzen. Wussten wir vorher, dass das ein guter Song ist. Aber: voll okay diese Laing.

Bei Mini Mansions handelt es sich um das Freizeitprojekt von Michael Shuman, dem Bassisten von Queens Of The Stone Age, eine Band, deren Mitglieder Freizeitprojekten generell nicht unaufgeschlossen gegenüberstehen. Die A-Seite „Monk“ (Domino/Good To Go) ist so ein Melodic-Pop-Ding, zu dem man durchaus auch einmal keine Meinung haben darf. Interessanter wird’s auf der B-Seite. Mini Mansions covern den Blondie-Hit „Heart Of Glass“, das aber so ironisierend und aufmerksamkeitsheischend, dass wir uns auf der Stelle dem nächsten Thema zuwenden.

Als 12-Inch ist „Supercollider“ / „The Butcher“ (XL Recordings) von Radiohead längst nicht mehr erhältlich. Weil: exklusiv zum „Record Store Day“ im April veröffentlicht. Trotzdem: zwei elektronische Tracks; „Supercollider“, wie man’s so von Radiohead gewohnt ist; der Track auf der AA-Seite, „The Butcher“, wagt soundästhetisch ein bisschen mehr. Man merkt, dass Thom Yorke mit Menschen wie Burial und Four Tet „abhängt“, wie ihr es ausdrücken würdet.

Wir weisen auf die neuerdings zu beobachtenden sexistischen Tendenzen bei Will Oldham hin (das Cover dieser 10-Inch) und wenden uns dann „Must Be Blind“ (Domino/Good To Go) zu. Für diese Single hat sich Bonnie „Prince“ Billy mit seinem alten Superwolf-Kumpel Matt Sweeney zusammengetan. Leider haben wir die Bonnie-Single „Island Brothers“, die vorigen Monat an dieser Stelle vorgestellt wurde, noch im Ohr. Und angesichts deren stilistischer Crazyness fällt die neue Kurze von Oldham ein bisschen ab, auch wenn eine derartige Aussage über einen mächtigen Country-Folk-Rocker wie „Life In Muscle“ auf der B-Seite schon ein bisschen gewagt ist.

Wenn man die 40 erst einmal überschritten hat (alles Gute nachträglich), darf man sich auch wieder in kurzen Hosen zeigen. So wie Dirk von Lowtzow auf dem Coverfoto von „Tod in Theben“ (Dial/Kompakt), seiner Solo-Single-EP-LP, so genau kann man das nicht sagen. Jedenfalls enthält das Vinyl zwei Tracks, die von Lowtzow für das Theaterstück „Tod in Theben“ des norwegischen Autors Jan Fosse geschrieben und bei den letztjährigen Salzburger Festspielen vorgetragen hat. Das sind längliche Improvisationen auf der elektrischen Gitarre, meditativ, ambient und mit viel Drone ausgestattet. Soundästhetisch handelt es sich dabei um einen nahen Verwandten von Neil Youngs Score zum Jim-Jarmusch-Film Dead Man.