Aloe Blacc


Der smarte Neo-Soul-Star über seine Liebe zu klugem HipHop, der Musik seiner Eltern und Sam Cooke, ohne den heute alles ganz anders aussähe.

Als ich klein war, lief auf den Partys meiner Eltern …

Ismael Rivera

„Severa“

Meine Eltern zogen in den 70er-Jahren aus Panama nach Los Angeles – wie viele ihrer Landsleute. Sie hatten oft Freunde zu Besuch, feierten viele Partys. Wir Kinder schlichen uns dann manchmal an die Wohnzimmertür – einfach um zu hören, was die Erwachsenen machten. Einer der ersten Songs, die dort gespielt wurden, war „Severa“. Eine tolle, fast dreckige Salsa-Nummer über ein Mädchen, das glaubt, ein Geschenk Gottes an die Männerwelt zu sein. Aber eigentlich, so heißt es im Text, hat sie einen Körper wie ein Kühlschrank. Einen Teil des Songs singt ein Kind – den Part hätte ich damals immer so gerne übernommen. Ich coverte das Stück dann auf meinem Solo-Debüt.

Die erste Platte, die ich mir selbst gekauft habe …

Nas

„Illmatic“ (1994)

Ich hatte vorher schon einiges an Tapes und Platten – aber das erste Album, das ich mir von meinem eigenen Geld kaufte, war Illmatic. Ich war 13 oder 14. Es gab bei uns in der Schule ein Programm, mit dem man sich als Schüler etwas dazuverdienen konnte: Man verkaufte an der Snackbar der Kantine und konnte wählen, ob man in Snacks ausgezahlt wurde oder eben mit Bargeld. Es dauerte ein bisschen, aber irgendwann hatte ich genug Geld für diese CD.

Der Soundtrack meiner Highschool-Jahre …

The PharcydE

„Runnin'“ (1995)

Ich liebte HipHop. Und ich liebte Rap. Die ganzen Old-School-Sachen: Run DMC, LL Cool J, das war das Größte für mich. Als ich Mitte der 90er-Jahre auf die Highschool kam, war HipHop aber schon anders. Die meisten Rapper erzählten was von Knarren und Kohle und von dicken Autos. Diese Welt hatte mit meiner nichts zu tun. Kommerzieller HipHop, Kram wie Notorious B.I.G., das interessierte uns nicht. Manchmal waren die Samples interessant, aber textlich ging im Underground einfach mehr ab. Zum Beispiel bei The Pharcyde. Musikalisch war das klug arrangiert, und die Texte kamen ohne jedes Klischee aus.

Meine eigene Singstimme entdeckte ich dank …

Cat Stevens

„Father And Son“ (1970)

Ich nahm schon als Rapper immer Gesangs-Hooks auf. Bereits auf dem allerersten Tape. Nach der Schule weitete sich mein Horizont, ich versuchte, alles Mögliche zu singen. Lateinamerikanisches, Jazz-Standards und irgendwann eben Folksongs – im Sinne von Joni Mitchell, James Taylor und Cat Stevens. Sein „Father And Son“ liebe ich. Ich schätze Cat Stevens ohnehin auch das, was er als Yusuf macht. Er ist ein Künstler, der eine klare Vision hat, der gereift ist und seine Religion gefunden hat.

Der wichtigste Protestsong ist …

Sam Cooke

„A Change Is Gonna Come“ (1964)

Heute wird „A Change Is Gonna Come“ vor allem als Soundtrack der US-Bürgerrechtsbewegung gesehen. Das stimmt natürlich, die Bedeutung des Songs ist aber universell für die Schwarzen aus aller Welt. Nimm meine Eltern: Sie zogen aus Panama in die Staaten, weil sie in ihrer Heimat diskriminiert wurden. Das war nicht staatlich institutionalisierte Diskriminierung, keine Rassentrennung. Sie hatten dort einfach weniger Chancen als andere. Für mich ist die Nummer aber auch aus einem ganz persönlichen Grund wichtig: Sie führte dazu, dass ich anfing, auf Platten zu singen und nicht mehr zu rappen. Außerdem ist der Song wohl dafür verantwortlich, dass ich einen Vertrag bei meinem Label Stones Throw unterschrieb: Ich hatte einen Beat herumliegen, sollte darüber etwas singen und nahm eben dieses Stück. Und alle waren begeistert.

Auf Tour habe ich im MP3-Player …

Stevie Wonder

„Signed, Sealed & Delivered“ (1970)

Ich höre nicht besonders viel Musik, wenn ich unterwegs bin. Zumindest nicht sehr konzentriert. Ich brauche dafür Ruhe. Wenn ich im Flugzeug oder im Zug sitze, schreibe ich lieber. Wenn ich doch einmal Musik höre, greife ich auf Stevie zurück. Mit ihm rutscht man automatisch in so einen Gute-Laune-Modus.

Randnotizen:

* Vor dem Erfolg standen Jahre harter Arbeit: Der Sohn panamaischer Eltern, der mit bürgerlichem Namen Egbert Nathaniel Dawkins III heißt, macht schon seit 1995 mit dem Produzenten Exile unter dem Namen Emanon HipHop. Shine Through, sein Debüt als Sänger, erschien vor fünf Jahren. * Fragt man nach der nächsten Platte, winkt Aloe Blacc ab: Er sei in den vergangenen Monaten so viel unterwegs gewesen, dass er keinerlei Zeit gehabt habe, sich damit auseinanderzusetzen. Songs schreibt er jedoch ununterbrochen – auf Halde liegt unter anderem eine Hymne an seine Heimat Kalifornien. Die sei, wie er lächelnd sagt, „ziemlich gut“. * Aloe Blaccs großer Plan: Er möchte Deutsch lernen. „Ich habe mittlerweile so viele Freunde hier in Berlin, dass es wirklich angebracht wäre“, sagt er. Auch geschäftlich lohnt es sich, dass er bei einem deutschen Major angeheuert hat: Blacc schrieb für Lena Meyer-Landruts zweites Album Good News den Song „At All“.