Mastodon
Szenenapplaus wie beim Jazzkonzert? Dazu ist es zu laut bei der mächtigen Demonstration der US-Progmetaller im Berliner C-Club.
In ein Mastodon-Konzert rutscht ja keiner so hinein. Da reden wir von Vorsatz. Jedem ist klar: Hier bekommt er etwas vorgeführt, das es zu verdauen gilt. Vom Kopf her. Den Eingeweiden ist’s eher egal, die werden durchgewalkt wie bei jedem ordentlichen Metal-Konzert. Dafür hat der Tontechniker des Quartetts aus Atlanta den Lautstärke-Output im Vergleich zur Stoner-Metal-Kapelle Red Fang im Vorprogramm mal eben verdoppelt. Und die Extremitäten, wenigstens der Stampfefuß im Stiefelwerk,wollen auch mitmachen … Aber, nein, schon wieder ein neuer Takt! Könnte 7/8 sein, oder? Zu spät, hoppla, nächster Wechsel … Sie spielen ein Break, das irgendwie nicht zu fassen ist. Zumindest nicht ohne ordentlichen Abschluss des empfohlenen Mastodon-Grundstudiums. Gibt es eigentlich auch Partituren am Merch-Stand? Früher haben Mütter ihren Kindern gerne Traubenzucker-Päckchen in die Schultasche plumpsen lassen, das helfe bei der Konzentration. Ernährungswissenschaftler haben den Nutzen dieser Beigabe dann mindestens so oft revidiert und wieder unterstrichen, wie Mastodon in ca. zehn Minuten die Taktart wechseln. Jedenfalls kein Traubenzuckerstand weit und breit. Und keine Partituren. Dafür sündenrote Mastodon-Hot-Pants beim Merch. Sexy. Doch das Fachpublikum möchte gerade nicht ent-entrückt werden; zahlreiche Hobby-Gitarristen und -Schlagzeuger darunter, kein Zweifel, die sich zwingen müssen, nicht laufend ungläubig den Kopf zu schütteln. Über diese ernsten Käuze, die in höchster Konzentration damit beschäftigt sind, zu wuchten, was sie sich und vor allem uns da zu Hause in ihrem hohen Turm eingebrockt haben. Doch da kommt endlich ein Riff, der anständig Männchen macht. Hörner-Fäuste in die Höhe. Wer zwischendurch tatsächlich ins Zweifeln gekommen ist, darf sich mit diesem Bild beruhigen: Er ist auf einem Metal-Konzert, gewiss doch. Oliver Götz