Travis Scott
Astroworld
Grand Hustle/Epic/Cactus Jack
Der Lebensgefährte von Kylie Jenner bringt sein drittes Album raus. Es hält größtenteils Trap für all jene bereit, die eh schon seine Fans sind.
Direkt hinter dem Autobahnring, der um die texanische Stadt Houston führt, stand einst ein großer Freizeitpark. Die Besucher konnten sich im „European Village“ in ein französisches Taxi setzen, die „Oriental Corner“ besuchen oder zu Spitzenzeiten auf bis zu zehn Achterbahnen in den Abgrund brettern. Die Attraktionen wurden inzwischen abgerissen oder in andere Parks verfrachtet, die Fläche liegt brach. Wo einst ein Sehnsuchtsort der Stadtbewohner war, ist seit 2005 nichts mehr los.
AmazonZumindest im Titel von Travis Scotts drittem Album darf der Park jetzt weiterleben: Die Astroworld kennt der Rapper noch aus seiner eigenen Kindheit. Und gewissermaßen ist dieses Album ein klein wenig wie ein Freizeitpark geworden: Überall sind Attraktionen, hier ein Frank Ocean, dort ein Drake, man will alles ausprobieren und hat doch so wenig Zeit.
Midtempo-Langeweile und der Krückstock Auto-Tune
Die schlechte Nachricht vorweg: Das Feature von Frank Ocean dürfte die größte Enttäuschung von ASTROWORLD sein. Auf „Carousel“ sorgt seine vertraute Stimme zwar automatisch für ein wohliges Gefühl, wird aber anschließend jäh von einer völlig überzogenen Bassline zersägt. Der andere Überraschungsgast macht da einen wesentlich besseren Eindruck: James Blake, inzwischen nicht mehr die allerungewöhnlichste Wahl für ein US-Rap-Album, singt auf „Stop Trying To Be God“ ein herrliches Outro. Der Song wird von einem entspannten Flow getragen, bis der Beat zusammenbricht und ein sanfter Orgelteppich für Blakes Stimme ausgerollt wird, alles begleitet von zwitschernden Mundharmonika-Samples.Eine so ausgefeilte Dramaturgie lassen viele andere Tracks vermissen. Viele versinken in einer Midtempo-Langeweile wie „Wake Up“ oder „5% Tint“. Wenn der Beat nur Mittelmaß ist, kann Scott das selten rausreißen: Ein technisch überzeugender Rapper ist er nach wie vor nicht, erst recht nicht ohne seinen Krückstock Auto-Tune.
In der zweiten Hälfte warten mit der Single „Butterfly Effect“ und „Houstonfornication“ noch ein paar Highlights, doch den Vorschusslorbeeren wird ASTROWORLD an keiner Stelle gerecht. Es ist eine sichere Nummer eins, die Travis Scott weiterhin in Richtung Coachella-Headliner-Level hieven wird. Aber ein Instant-Klassiker ist das Album nicht.