Casper und Marteria

1982

Zwei Bernds tanken Super (31.08.2018)

Willkommen in der Champions League: Die beiden Deutschrapper blicken zurück auf die Jugend in der Provinz.

Wenn man sich ihre Lebensläufe mal genauer anschaut, hören die Gemeinsamkeiten zwischen Marteria und Casper gar nicht mehr auf: Beide haben seit 2010 Alben veröffentlicht, die dem Deutschrap seinen Pop-Appeal zurückgaben. Beide sind in der Provinz aufgewachsen, bevor es sie in die große Stadt gezogen hat, beide haben etwa zur gleichen Zeit in Vegas geheiratet. Und: Ein Geburtsjahr, 1982, teilen sie sich auch noch. In der Theorie waren sie also schon lange das perfekte Rapduo. Dass diese Mischung tatsächlich auch auf Albumlänge funktioniert und nicht nur für einige so perfekte Minuten, soll jetzt, nach jahrelangem Warten, ein gemeinsames Werk beweisen.

Konzert gegen Fremdenhass: Casper, Marteria, Die Toten Hosen, K.I.Z., Kraftklub und Trettmann treten in Chemnitz auf
Die zwei blicken zurück auf nächtliche Irrfahrten, gecrashte WG-Partys und „verblasste Sanifair-Fetzen“ (natürlich Casper), die einem irgendetwas gegeben haben, was der Ruhm einem einfach nicht geben kann. Insofern ist „1982“ auch eine Art Gegenthese zum ausgeleierten Hip-Hop-Narrativ, nach dem es jemand von ganz unten nach ganz oben schafft und von dort stolz auf den Werdegang zurückblickt. Marteria und Casper feiern sich zwar gelegentlich selbst, doch das hier ist kein „Watch the Throne“, sondern eine wehmütige Hommage an die Jugend in der Provinz. Das Paradies, wie Marteria gleich in seiner zweiten Zeile rappt, war ja schon damals nur zwei S-Bahn-Haltestellen entfernt: am Ostseestrand.

„1982“ ist eine Hommage an die Jugend an der Provinz, klingt aber nicht melancholisch

Und doch klingt „1982“ meistens ganz und gar nicht melancholisch. Das liegt einerseits an den Beats, die mal bläserlastig und oldschoolig wirken wie in der großartigen Single „Champion Sound“, die an Caspers Song „Jambalaya“ erinnert. Und apropos: Auch andere Beats scheinen relativ klaren Vorbildern zu folgen. „Omega“ erinnert an Kanye Wests Klassiker „Devil In A New Dress“, und auch anderswo hört man Gitarren, die an diese Phase in Wests Schaffen erinnern. „Chardonnay & Purple Haze“ dagegen lässt ein wenig an „Elevate“ von Drake denken. Und genau wie der liefert Casper tatsächlich eine sehr eindringliche Sing-Rap-Performance ab, die man eher seinem Kollegen zugetraut hätte.

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Casper und Marteria treten im Video zu „Supernova“ gegeneinander an
Es gehört zu den Stärken von „1982“, dass keiner dem anderen die Show stiehlt. Das Album klingt gleichberechtigt nach beiden. Diese Balance tut auch der Stimmung gut: Das Duo scheint viel Spaß an der Sache zu haben, manchmal ein wenig zu viel. Aus einem Trettmann-Zitat („nur mit den Echten“) einen Anglerwitz („nur mit den Hechten“) zu machen, hätte Marteria sich auch sparen können. Dafür steuert Casper die beiden besten Fußballer-Reime der Saison bei: „angesagt“ auf „Chapuisat“ und „verdammter Boss“ auf „Walter Frosch“. Willkommen in der Champions League.

Marterias und Caspers „1982“ im Stream:

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