Jahresrückblick

Die 50 besten Platten des Jahres 2018


Wir haben abgestimmt und die (subjektiv) einzig wahre Liste erstellt: Das sind die 50 Favoriten der ME-Redaktion und somit die besten Alben des Jahres 2018. Ha!

Der neue Musikexpress mit großem Jahresrückblick und den 50 besten Platten 2018 – jetzt am Kiosk!
Jedes Jahr aufs Neue stoßen wir beim gedruckten Musikexpress auf ein altes Problem: Diese ganzen Bestenlisten für das laufende Jahr, sie müssen schon im November halbwegs stehen. Dabei kann doch noch alles Mögliche im Dezember passieren! 2016 zum Beispiel, da brachten A Tribe Called Quest unverhofft eines DER Alben 2016 heraus, aber eben arg spät. Dieses Jahr verpassten Bilderbuch mit ihrem Wahnsinnsalbum MEA CULPA jegliche Chance auf den Sprung in unsere Bestenliste. Doch keine Sorge: Auch ohne unsere liebsten Styler aus Österreich können sich unsere 50 Platten des Jahres sehen lassen.

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Playlist: Die Songs des Jahres 2018

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Und damit Vorhang auf für unsere 50 besten Alben des Jahres 2018 – viel Spaß damit!

Platz 50: Yung Hurn – 1220

Live From Earth/ Soulfood (VÖ: 4.5.)
Ja, das ist Kunst! Und irgendwie auch klug. Ob beides vom Verfasser so intendiert ist, bleibt jedoch unklar. Dabei wirkt auf dem ersten Album von Yung Hurn doch alles so easy: Ernste Dinge lassen sich mit beschwichtigenden Worten wie „MHM“ und „Ok Cool“ regeln, Koks hat auch schon jeder probiert. Und Blowjobs eh. Wild wird es nur, wenn Hurn seinen Zärtlichkeits-Rap mit Hobbyphilosophischem anreichert: „Alle deine Freunde hassen alle meine Freunde. Aber alle meine Freunde kennen deine Freunde nicht. Weißt du, was ich mein’?“ Jördis Hagemeier

Platz 49: Haiyti – MONTENEGRO ZERO

Haiyti

Vertigo/Universal (VÖ: 12.1.)
Sorry, Jungs, aber Haiyti ist Hamburgs lässigster Rap-Macho. Ihre Tracks handeln von Gewalt, Rich-Kid-Lifestyle und grauem Alltag auf der Straße, bei ihren Shows trägt sie die prolligsten Klamotten und Lil’Kim-Gedächtnisperücken, und in Interviews sagt sie Sätze wie: „Rap gehört eigentlich den Männern. Das sind deren Bitches, deren Autos, das ist deren Benzin, deren Welt. Und wenn das dann plötzlich eine Frau für sich beansprucht, werden einige Typen sauer.“ Mit MONTENEGRO ZERO macht Haiyti genau das. Also: Pimmel einpacken und lieb lächeln. Jördis Hagemeier

Platz 48: Big Red Machine – BIG RED MACHINE

 People/Jagjaguwar/Cargo (VÖ: 31.8.)
Wenn „Indie“ keine echten Hits mehr zu erzeugen weiß, dann liegt das auch daran, dass seine interessantesten Acts damit beschäftigt sind, die Grenzen des Genres aufzulösen. Fast jeder Stil und Sound und Beteiligung sind denkbar. Mobile, hochkompatible Produktionstechnik, immenser Innovationswille und Gemeinschaftssinn machen so was wie diese seltsam lose, warme, sanft spirituell wirksame Elektro- Folk-Jazz-Platte unter der Leitung von Justin Vernon und Aaron Dessner (The National) sowie auch deren „People Festival“ in Berlin möglich. Wir brauchen Utopien! Hier klingt eine an. Oliver Götz

Platz 47: Tim Hecker – KONOYO

Kranky/Cargo (VÖ: 28.9.)
Tim Hecker verarbeitet und abstrahiert Klänge, manche durchaus musikalisch und künstlerisch eigenständigen Ursprungs – auf dem Vorgängeralbum einen Chor, hier nun die Percussions und flirrenden Streicher einer traditionellen japanischen Gagaku-Gruppe – und führt sie mit synthetischen, kosmischen Sounds zusammen. So einfach lässt sich die Musik des Kanadiers erklären, aber nicht begreifen. Was solche, die Zeit nicht nur relativierende, sondern schlichtweg aussetzende Ambientmusik überhaupt in einer Jahresbestenliste zu suchen hat? Ach, paradoxt mich nicht voll! Oliver Götz

Platz 46: Agar Agar – THE DOG AND THE FUTURE

Grönland/Rough Trade (VÖ: 28.9.)
Es ist, als hätten zwei Hunde versehentlich MDMA geschluckt, CSS aufgedreht und gleichzeitig in den Plattenschrank von Kraftwerk gepisst. Das Beste: Sie jaulen und haben sogar Spaß dabei. Letzteres beschreibt tatsächlich die Realität von Agar Agar, das sind Clara und Armand aus Paris, die während ihrer Live-Shows gern mal zum einminütigen Animalo-Winseln ansetzen – oft stiften sie damit ihr Publikum zum rudelartigen Mitmachen an. Agar Agar sind die Hunde der Zukunft! Also bitte nicht mehr mit japanischem Fischkleber verwechseln. Jördis Hagemeier

Platz 45: Neneh Cherry – BROKEN POLITICS

Smalltown Supersound/Rough Trade (VÖ: 19.10.)
Ihre eigene politische Agenda, das sei „living in a slow jam“, singt Neneh Cherry auf ihrer fünften Soloplatte, die auch musikalisch von diesem Mantra durchströmt wird. Dass es sich bei der ruhigen Mischung aus Four Tets dubbigen Elektro-Produktionen, minimalistischem Jazz und Endzeit-Soul um Protestmusik handelt, zeigt sich in den klugen Texten, in denen Cherry ihren inhaltlichen Faden von Europas Flüchtlingspolitik zur amerikanischen Waffengewalt und immer wieder zurück zu persönlichen Gedanken spinnt. Es sind Slow Jams für eine zerrüttete Welt. Annett Scheffel

Platz 44: Lucy Dacus – HISTORIAN

Lucy Dacus

Matador/Beggars/Indigo (VÖ: 2.3.)
„The first time I tasted somebody else’s spit I had a coughing fit“ – na, Mahlzeit. Ein Album, das schon mit den ersten Zeilen in die Vollen geht. Nach außen gestülptes Inneres dieser Art wird musikalisch ja meist nur von einer Akustikklampfe als Gegengewicht begleitet. Nicht so bei dieser US-Singer/Songwriterin. Bereits eingangs zitiertes „Night Shift“ wandelt sich zur Mitte in eine donnernde Grunge-Hymne, die Verletztheit weicht Sarkasmus: „In five years I hope the songs feel like covers, dedicated to new lovers“. HISTORIAN ist das, was Rock’n’Roll schon lange nicht mehr war: ehrlich, mitreißend und gut überlegt. Stephan Rehm Rozanes

Platz 43: The Blaze – DANCEHALL

Animal 63/Believe/Soulfood (VÖ: 7.9.)
„Gute Nostalgie“ nennen Guillaume und Jonathan Alric das Gefühl, das sie mit ihrer Musik vermitteln wollen. Und die Tracks auf dem Debütalbum der beiden Cousins klingen tatsächlich wie der schwelgend-melancholische Soundtrack zum kunstvoll geschnittenen, perfekt ausgeleuchteten Aftermovie von Momenten, an denen man am liebsten die Zeit anhalten würde: sanft pulsierender, auf schönen Akkord-Flächen dahinschwebender House mit markant heruntergepitchtem Gesang, der immer gerade noch die Kurve kriegt, wenn er sich zu sehr einer Kalkbrenner’schen Beliebigkeit nähert. Matthias Scherer

Platz 42: Yves Tumor – SAFE IN THE HANDS OF LOVE

Warp/Rough Trade (VÖ: 12.10.)
Wäre Musik auch nur ein kleines bisschen feststöfflicher, man hätte längst Suchtrupps jenen Seelen hinterherschicken müssen, die in diesem Album verloren gegangen sind. War Tumor bislang vor allem als Foltermeister seines für Noise und Abstraktes offenen Publikums aufgefallen, verarbeitete er auf seinem dritten Album Ambient, R’n’B, TripHop, alternativen Rock und mehr, woraus sich unterirdische Dome und Labyrinthe bauen lassen, zu einer durchweg hochmusikalischen Pein-Show, deren Intensität aber nichts ist für den Weg zur Schule, Arbeit oder Sport. Oliver Götz

Platz 41: Fucked Up – DOSE YOUR DREAMS

Merge/Cargo (VÖ: 5.10.)
Auf ihrem fünften Album sind die jederzeit gewaltigkeitsbereiten Progcore-Kanadier endlich bei Joyce’ Konzept-Brocken „Ulysses“ angekommen. Jeder Song dieses Binge-Hearing-Monsters ist einem seiner Kapitel gewidmet, als wäre die Odyssee des Protagonisten David nicht schon verwirrend genug. Das wäre auch die Musik zwischen Punk, Hardcore, Dream Pop, Psychedelia und Funk, angefüllt mit Saxofonsoli, Elektrobeats, Streichern und Damian Abrahams Brüllattacken, würden Fucked Up nicht immer wieder so einen Sog und dermaßen majestätische Melodien entwickeln. Oliver Götz

Platz 40: Mouse On Mars – DIMENSIONAL PEOPLE

Thrill Jockey/Rough Trade (VÖ: 13.4.)
Von Justin Vernon bis Zach Condon, von Amanda Blank bis zu den Dessner-Brüdern: mehr Kollektiv war in diesem Jahr auf kaum einem Album. Wobei: Wer deshalb bei den Düsseldorfern eine Feature-Schlacht herkömmlicher Bauart erwartete, der dürfte enttäuscht worden sein. Mouse On Mars arbeiten die Beiträge ihrer Gäste eher als freidrehende Impulse ein, zerschnitten, verfremdet, an- und abschwellend. Ist das fordernd? Manchmal. Ist das interessant? Immer. Wie das allermeiste aus diesem Funkhaus-People-Umfeld (siehe auch Big Red Machine) große Musik zur Zeit. Jochen Overbeck

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