Swans
Leaving Meaning
Mute/PIAS/Rough Trade (VÖ: 25.10.)
Postpunk: Swans treten in eine neue Phase ein, lassen die gewaltigen Wall-of-Sounds hinter sich, um milder zu klingen.
Es war vorherzusehen, dass Michael Gira nach der eindrucksvollen Trilogie THE SEER, TO BE KIND und THE GLOWING MAN nicht einfach so weitermachen würde. Was die im destruktiven Industrial-Noise-Rock groß gewordene Band zwischen 2010 und 2017 im Studio und auf der Bühne auftürmte, war kaum steigerungsfähig. Die Monster-Wall-of-Sounds noch gewaltiger anwachsen lassen, live noch lauter spielen? Also kündigte der amerikanische Multiinstrumentalist, Produzent und Sänger Ende 2017 an, dass sich die Swans in andere Gefilde aufmachen werden.
AmazonRadikal fiel der personelle Schnitt nicht aus, auf LEAVING MEANING tauchen die vertrauten Namen des letzten Line-ups auf, u.a. Kristof Hahn, Norman Westberg, Chris Pravdica, Thor Harris und Phil Puleo, aber ihr Mitwirken ist teilweise begrenzt. Umso aufregender liest sich die Gästeliste, auf der unter anderem Paul Wallfisch, Baby Dee, die australischen Avantgardisten The Necks, Anna und Maria von Hausswolff oder Larry Mullins (The Bad Seeds, The Stooges) sowie A Hawk And A Hacksaw stehen. Durch sie gewinnen Keyboards, orchestrale Percussions und Streicher an Einfluss, die Gitarren weichen oft ins zweite Glied, alles klingt weniger verdichtet als zuvor.
Gira geht dabei so weit, phasenweise zu den moderaten, fast zarten und akustischen Klängen von THE BURNING WORLD (1989) oder den vielschichtigen Sounds von THE GREAT ANNIHILATOR (1994) zurückzukehren. Die Momente, in denen das Gitarren-Inferno der Trilogie entfacht werden, beschränken sich auf „Some New Things“ und das episch lange „Sunfucker“. Ein wahrer, sich stetig steigernder Wutausbruch im Kontrast zu den bisweilen entrückten Tracks. Nur im finalen „My Phantom Limb“ nehmen einen Swans noch mal ekstatisch in den Würgegriff, aber der Rest lässt viel Luft zum Atmen. Ein extremes, extrem gutes Album!