Neben „Nymphomaniac“: Stellan Skarsgård mischt als „Kraftidiot“ die Berlinale 2014 auf


Ein Mann sieht schneeweiß: blutig-schwarzhumoriges Kontrastprogramm im Wettbewerb. Mit Bruno Ganz.

Cannes und Venedig haben ihre Coens und Tarantinos, Berlin hat offenbar Gefallen am Schaffen des Norwegers Hans Petter Moland gefunden. Der war bereits 2010 hier mit Stellan Skarsgård als „Ein Mann von Welt“ zu Gast und überrascht in diesem Jahr mit für Berlinale-Verhältnisse erstaunlich harter und straighter Genrekost. Sprich: der Art von Film, bei der Apologeten des Berliner Betroffenheitskinos naserümpfend das Kino verlassen, während der Rest endlich einmal befreit auflachen darf. Oder – wie das die amerikanischen Branchenblattkollegen getan haben – feststellen, dass „In Order Of Disappearance“ (bzw. „Kraftidioten“) auch in den USA das Zeug zum Blockbuster hätte. Wenn er denn nur auf Englisch statt Norwegisch gefilmt worden wäre.

Nur einen Tag nach seinem großartigen von Trier‘schen Seligmann spielt er hier Nils Dickmann (der Genitalwitz funktioniert sprachübergreifend), eben zum Bürger des Jahres geworden, weil er als örtliche Schneeräummaschine seit Jahrzehnten für freie Straßen sorgt. Dass er das im übertragenen Sinn bald auch in den örtlichen kriminellen Kreisen tun darf, liegt am unerklärlichen Drogentod seines Sohnes. Örtliche Kokaindealer haben jenem im Auftrag eines Yuppiegangsters („Der Graf“) eine Überdosis verpasst. Und lediglich die Erkenntnis, dass es sich um Mord gehandelt haben könnte, lässt Nils seinen geplanten Selbstmord überdenken und in filmisch schwarzhumorigere Auswege kanalisieren: Er arbeitet sich mit mörderischer Konsequenz an den Killern seines Sohnes entlang nach oben. Als einfacher Mann, der so wenig zu verlieren hat, dass er es offenbar mit jedem aufnehmen kann und der eine erste Schneise Toter hinterlässt, deren Ableben stets von einer Texttafel mit Namensnennung begleitet wird. Und – oh Boy – häufen die sich im Verlaufe des Films…

Weil niemand so recht an den Rachefeldzug des einfachen Mannes glauben kann und will, bereitet man sich lieber auf einen blutig eskalierenden Bandenkrieg mit der serbischen Konkurrenz unter Bruno Ganz vor. Stets unterbrochen durch die Art aberwitziger Dialogpassagen, die einst schon Tarantinos Gangsterkino von der humorlosen Konkurrenz abgehoben hatte. Das Ganze so lakonisch, wie das nur Skandinavier können und eingebettet in unschuldig weiße Schneelandschaften – die sich alsbald blutrot färben und so zum unterhaltsamen Kontrapunkt in einem wie immer eher schwermütigen Wettbewerbsprogramm werden.

„Kraftidioten“ ist am 11. Februar 2014 um 21.30 Uhr noch einmal im Haus der Berliner Festspiele zu sehen und am 16. Februar um 18.00 Uhr im Friedrichstadt-Palast.