Fotoalbum mit Adam Green


Unterwäsche auf dem Boden, Socken mit Kimya-Dawson-Stickerei auf dem Schreibtisch. Zum Fotoalbum bittet Adam Green ins leidlich aufgeräumte Hotelzimmer.

1 Binki Shapiro Mit Binki Shapiro, der Sängerin der Band Little Joy, nahm der New Yorker ein Album auf, das Ende des Monats erscheinen soll.

Wir trafen uns zum ersten Mal vor fünf Jahren in einem mexikanischen Restaurant. Ein paar Jahre später spielte sie mit Fabrizio (Moretti, Schlagzeuger der Strokes, Anm. d. Red.) in der Band Little Joy. Also mit einem meiner besten Freunde. Ich ging dann mit ihnen auf Brasilien-Tour, dort sind sie Superstars. Wir merkten, dass wir einen sehr ähnlichen Humor besitzen, heckten ständig Unsinn aus und beschlossen nach dem Ende von Little Joy, gemeinsam zu musizieren. Sie hat eine wunderbare Stimme. Sehr eigen. Recht ernsthaft. Wie eine Dame. Und heute sind wenige Sängerinnen noch Damen.

2 Ian & Sylvia Der Pop von Adam Green und Binki Shapiro erinnert an 60er-Duos wie Ian & Sylvia.

Witzig, dass Sie mir die beiden zeigen. Mein Vater ist ein großer Fan von Ian & Sylvia. Sie haben wirklich tolle Harmonien. Und Binki und ich sehen zwar auf den Pressebildern sehr ähnlich aus wie die beiden. Aber wir tun immer nur so, als ob wir so gut wären. Wobei man das Binki schon abnimmt. Binki hat auch mal die Mamas & Papas gecovert. Sie kann dieses Zeug, obwohl sie doch so ein kleiner Spatz ist! Das Bild gefällt mir aber wirklich sehr gut. Wahnsinn, wie viel man mit einem Foto machen kann. Schauen Sie sich mal Bilder von Paul Simon an. Der ist auf Pressebildern immer noch ein „concerned young man“!

3 Ketamin Im vergangenen Jahr drehte Adam Green den Low-Budget-Film „The Wrong Ferrari“ – und war dabei meistens auf Ketamin.

Ich verbinde Ketamin immer mit so einer Art digitaler Störung. Eine Unterbrechung. Ein plötzliches Rauschen. Lärm. Und dieses Rauschen ist etwas, was mich massiv beschäftigt. Im Prinzip ist Ketamin eine Droge, die einen entmenschlicht. Sie ist schließlich ein Betäubungsmittel für Tiere. Und man wundert sich auf einem Ketamin-Trip über nichts. Wäre ich jetzt auf Ketamin und die Hand vom Macho Man (US-Wrestler, Anm. d. Red.) würde durch diese Wand brechen, fände ich es ganz und gar normal. Es ist übrigens gar nicht einfach Ketamin aufzutreiben. Der Dealer am Eck hat das nicht. Ich kam dann auf die Idee, in Tierzeitschriften nachzuschauen. Ich dachte, in den Kleinanzeigen wären da sicher blumig formulierte Geschäftsanbahnungen versteckt. War leider nicht so.

4 Bagels Der Bagel spielt eine wichtige Rolle in Adam Greens Film – aber auch in seinem Leben.

Es gibt verschiedene Methoden der Herstellung. Der Bagel in Montreal ist recht dünn, mit einem sehr dichten Teig. Der New Yorker Bagel ist dick und fluffig. Ich wuchs direkt neben einem Bagel-Laden auf, darin gründet wohl meine Faszination. Ich bin New Yorker und Jude. Deshalb gehört der Bagel zu mir. In „The Wrong Ferrari“ repräsentiert er diese eigenartige Lethargie, die ich meiner Herkunft entgegenbringe. Ich glaube nicht an Gott und habe dieses Jahr zum ersten Mal die Thora gelesen. Ziemlich hanebüchener Kram. Im Film wird der Bagel um den Hals getragen, als Erkennungszeichen jüdischer Indianer, die in einem Ghetto im Wald leben müssen.

5 Kunst „Houseface“ nennt sich die Ausstellung in einer New Yorker Galerie, in der Adam Green momentan seine Werke zeigt.

Das Bild heißt „Bamboo Fence“. Mir ging es darum, Cartoonfiguren, die ich mag, in einen formalen, reduzierten Kontext zu bringen und so neu zu konfigurieren. Hier sehen wir zum Beispiel Garfields Ohr, ferner seine Backen. Auch Elmo kann man entdecken. Es geht darum zu begreifen, warum man die Dinge mag. Neulich dachte ich darüber nach, warum ich Mondrian gut finde. Ich kam dann drauf: weil mich seine Arbeit an ein Monopoly-Brett erinnert!

6 Macaulay Culkin Als „Kevin allein zu Haus“-Darsteller Macaulay Culkin vor zwei Jahren während Adam Greens Konzert auf dem Berlin-Festival stagedivte, staunten die Zuschauer nicht schlecht.

Diesen Herrn kenne ich, er ist Teil meiner Crew. Und er ist nicht nur ein Kinderstar, als Erwachsener hat er „Party Monster“ gedreht. Er ist ein Freigeist. Ein Bad Ass. Er macht, was er will, so einfach ist das. Er arbeitet eigentlich nur noch als Maler. Er kriegt viele andere Angebote, aber er lehnt sie einfach alle ab.

7 Felice Bauer und Franz Kafka Adam Greens Urgroßmutter Felice Bauer war mit Franz Kafka liiert.

Im Gang meines Elternhauses hing ein expressionistisches Gemälde von Felice Bauer. Sehr bunt, wunderschön – das war wohl meine erste Begegnung mit ihr. Dass sie den Briefwechsel mit Franz Kafka in den 50er-Jahren veröffentlichte, war übrigens der Vorschlag meines Großvaters, der immer sehr geschichtsbewusst war. Im Übrigen kommt sie in Kafkas Werk vor. „Der Prozess“ basiert teilweise auf einer Konfrontation zwischen Kafka und meinen Vorfahren.

8 Adam Greens Penis 2010 veröffentlichte Adam Green auf seinem Blog eine Serie von Nackt-Selbstporträts.

Ich war damals sicher psychisch etwas gestört. Die Bilder waren eine seminarzisstische Aktion, um mich selbst bloßzustellen. Ich sah die Welt durch eine Linse, die alles wie in Dantes „Göttlicher Komödie“ erscheinen ließ. Diese Fotos waren dann wohl Teil des Reinigungsprozesses im Purgatorium. Ich dachte, dass ich so vielleicht einen Zustand erreichen würde, in dem ich eine Person ohne Geheimnisse bin. Ich denke, da bin ich weit gekommen.

Für eine kurze Zeit war Adam Green, der Anfang des Jahrtausends mit den Moldy Peaches zur Speerspitze der Antifolk-Bewegung wurde, ein Popstar – zumindest in Deutschland: Sein drittes Album gemstones erreichte in Deutschland 2005 Nummer vier der Hitparaden, Songs wie „Jessica“ oder „Emily“ liefen in jeder Indie-Disco. Ende Januar erscheint sein Duettalbum mit Binki Shapiro, die früher bei der Band Little Joy sang.