Fynn Kliemann
Pop
Two Finger (VÖ: 29.5.)
Das zweite Album des YouTube-Stars kuschelt sich in eine Nische zwischen Sensibelchen-Pop und Deutsch-Rap, die bislang noch keiner außer ihm gefunden hat.
Es gibt den Selfmade-Man Fynn Kliemann, der als trotteliger Heimwerker auf YouTube berühmt wurde und mittlerweile ein kleines Imperium verantwortet, das neuerdings sogar Atemschutzmasken produziert. Es gibt aber auch den Fynn Kliemann, der seine Social-Media-Skills in eine Musik-Karriere umgesetzt hat, deren DIY-Radikalität jede Hardcore-Punk-im-besetzten-Haus-Band vor Neid erblassen ließe.
Wie schon der bis auf Charts-Platz 8 gestiegene Erstling NIE entstand auch POP, das zweite Album des Olli-Schulz-Kumpels, im Alleingang und wird physisch ausschließlich im eigenen Web-Shop über Vorbestellung vertrieben. Welchen Preis der 32-Jährige, der auch noch als Autor, Schauspieler und Filmproduzent arbeitet, für seine Betriebsamkeit zahlt, schildert er eindrücklich in „Warten“. Während Klavierklänge, in dunkles Moll gehüllt, durch eine zerklüftete Landschaft aus garstigen Beats irren, erzählt Kliemann mit schartiger Stimme aus dem Dasein eines Workaholic, der sich so wichtig nimmt, dass ihn erst ein Burnout stoppen kann.
So geht es fröhlich weiter: Mit Revalraucherstimme beklagt er kreativen Druck („The Hook“), wartet auf den Irrsinn („Liebster Wahnsinn“) und zweifelt ausführlich am eigenen Lebensentwurf („Schmeiß mein Leben auf den Müll“). POP kuschelt sich in eine Nische zwischen Sensibelchen-Pop und Deutsch-Rap, die bislang noch keiner außer Kliemann gefunden hat, ist mit viel Liebe zum Detail produziert und – nicht nur für einen YouTube-Star – ein richtig gutes Album.