Shirley Collins
Heart’s Ease
Domino/GoodToGo (VÖ: 24.7.)
Die Folksängerin sprechsingt britische Volkslieder. Empfindsam, ohne Sentimentalität.
Shirley Collins? Nie gehört. So geht’s sicher nicht wenigen. Wer sich wirklich, also so richtig für alten britischen Folk interessiert, für den bedeutete das Comeback der Sängerin vor vier Jahren aber so was wie eine Sensation. LODESTAR war ihr erstes neues Album seit 38 Jahren. In den 50er-Jahren war Collins mit ihrem damaligen Partner Alan Lomax als musikalische Archivarin durch den Süden der USA gezogen, in den 60ern stieß sie das britische Folkrevival mit an, Ende der 70er verlor sie ihre Singstimme, vielleicht aus Liebeskummer, und kümmerte sich von da an um ihr Privatleben.
AmazonJüngere entdeckten sie in der Zwischenzeit für sich, Billy Bragg zum Beispiel oder Will Oldham. Seit die heute 85 Jahre alte Collins zurück ist, ist ihr Gesang zu einem schönen, dunklen Sprechsingen geworden. Klar steht das den Liedern auf ihrem neuen Album HEART’S EASE. Es sind schottische, irische, englische Traditionals, Spirituals, aber auch in den vergangenen Jahren oder zumindest Jahrzehnten entstandene Songs.
Wer mag, kann genau nachforschen: Was ist alt, was ist neu? Oder man hört einfach zu. Es ist ja alles da, steht nebeneinander, jetzt. Collins lässt sich von tänzelnder akustischer Gitarre begleiten, von Banjo, Streichern, Horn und auch mal Mundharmonika. HEART’S EASE ist ein thematisch lose zusammengehaltener, mitfühlender Songzyklus über verunglückte Matrosen, irgendwo im Eis von Alaska feststeckende Seefahrer, Männer im Krieg und tanzende Dorffrauen. Ohne jedes Theater. Überhaupt nicht zeitgemäß, und deswegen logischerweise doch.