Gorillaz
Song Machine, Season One: Strange Timez
Parlophone/Warner (VÖ: 23.10.)
Die erste Staffel der Track-Serie: Vielseitigkeits-Elektro-Pop in Bestbesetzung.
Jeder, der Robert Smith weiterhin davon abhält, das seit zehn Jahren angekündigte neue Cure-Album fertigzubekommen, muss ab jetzt Alltagsmasken für Noel Gallagher nähen! Wobei es natürlich super ist, Smiths Stimme auf dem Elektro-Pop-Stück „Strange Timez“ zu hören, besonders im Kontrast zu Damon Albarns Sprechgesang, der hier angenehm an Anne Clark erinnert: Willkommen im Wave-Nostalgie-Club!
AmazonGrundsätzlich will dieses Projekt jedoch sehr gegenwärtig sein, indem es die Strukturen von Serien aufs Popformat transferiert. Jeder Track gilt als eine Episode, das Album repräsentiert die komplette Staffel. Als Damon Albarn und Gorillaz-Produzent Remi Kabaka Jr. erstmals über das Konzept sprachen, ließen sie offen, ob sich am Ende ein erkennbarer Erzählbogen ergibt. Tut er nicht. Typisch Gorillaz, da wird konzeptionell sehr viel versprochen, was davon am Ende übrigbleibt, ist unterhaltsamer und kunterbunter Elektro-HipHop-Pop. Musik also.
Das Besondere an den neuen Stücken ist die Gästeliste. Neben Robert Smith sind Beck und Elton John dabei. Super ist „Chalk Tablet Towers“ mit St. Vincent, die Albarns Melancholie mit grandiosen „Ah, ah, oh’s“ Beine macht. Für „Momentary Bliss“ haben die Gorillaz neben Slowthai die Post-Punks Slaves engagiert, der Track klingt wie angepisste Blur-B-Seite aus der PARKLIFE-Ära. Bei „Aries“ darf Peter Hook seinen Hooky-Bass spielen, was ein bisschen wie Revuetheater wirkt, doch das Stück ist wirklich gut und der neuen New-Order-Single deutlich überlegen.
Wem Gorillaz zu artifiziell sind, findet hier zwei Songs, die zum Umdenken einladen: „Désolé“ ist ein großartiger Track zwischen Pop, Exotica und Afrobeat mit Gastsängerin Fatoumata Diawara, „How Far?“ ist eine der letzten Aufnahmen von Tony Allen vor seinem Tod am 30. April. Das Stück beginnt mit dem kehligen Lachen des Drummers, dann setzt sein Synkopen-Beat ein. Die Gorillaz stehen andächtig daneben. Und zwar nicht die Comic- Figuren, sondern die Menschen.