Innov Gnawa

Lila

Daptone/Groove Attack (VÖ: 30.4.)

Sechs New Yorker erkunden die nordafrikanischen Wurzeln des Blues und landen beim marokkanischen Gnawa.

Im letzten Monat schimpfte ich an dieser Stelle über die Band Electric Jalaba, es sei ja wohl ein klassischer Zug mediokrer weißer Dudes, der eigenen mittelerfolgreichen Indie-Karriere mit ein wenig „orientalischer“ Exotik auf die Beine zu helfen. Jetzt erkunden Brooklyner mit Wurzeln in Marokko die gleiche Gnawa-Musiktradition – und ich schau noch immer zerknirscht. Ja maschallah!

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Gnawa, um da noch mal zu beginnen, ist der Name einer ethnischen Minderheit in Marokko, Nachkommen von Sklaven aus Mali, bekannt für ihre Musik, ein harter, rhythmusgetriebener Klang, geprägt von Gimbri-Laute, metallenen Klappern und Call-and-Response-Gesang. „Lila“ heißt das traditionelle Ritual zur Geisteraustreibung, bei dem sie gespielt wird, arabisch für „Nacht“, es führt die Besessenen in eine Trance.

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So weit, so interessant, aber: Tatsächlich hat sich aus der Musik dieser Nächte ein Teil dessen herausgebildet, was später, über einen Schwarzen Atlantik weitergewandert, zum Blues werden sollte. LILA heißt auch das Debütalbum der Gruppe Innov Gnawa, die seit vielen Jahren zu den wichtigsten Akteuren der arabischen Musik in New York gehört, für einen Track mit Elektro-Ikone Bonobo auf dessen Album MIGRATION 2017 gar für einen Grammy nominiert war.

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Innovativ ist an der Musik nun allerdings wenig, Gnawa dafür sehr. Aufgenommen im Verlauf einer Nacht, entwickeln die sechs langen Tracks einen spröden Sog, der leider in der Produktion seltsam gedämpft ist, verhaltener wirkt als die im Netz zu findenen Live-Aufnahmen der Band. Der aber vor allem die Experimentierfreude und die Lust am Clash vermissen lässt, die das Bonobo-Stück anteasert. Während einst Gnawa-Meister wie Mahmoud Gania mit Pharoah Sanders verschiedene Traditionen Schwarzer Musik zusammenführten, bleibt Innov Gnawa in der Mitte stehen: Nicht mehr traditionalistisch dem Sakralen verbunden, aber auch nicht dem Pop-Experiment geöffnet, bleibt ein annehmbares Stück nordafrikanischer Musik aus New York City.

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