Darkside
Spiral
Matador/Beggars/Indigo (VÖ: 23.7.)
Elektro-Ethno-Avantgarde-Jams, die keine Drogen brauchen, um psychedelisch zu sein.
Wer es böse mit Darkside meinte, bewertete das Debütalbum PSYCHIC als dreisten Versuch, die Rifftechnik von Pink Floyd und Dire Straits wieder hip zu machen. Acht Jahre ist das nun her, und es hat gedauert, bis Nicolás Jaar und Dave Harrington Kraft und Zeit für eine zweite Platte fanden. Zumal die Fans erneut einen überraschenden Move erwarteten.
AmazonUnd tatsächlich bietet SPIRAL das erwartbar Unerwartete: Neun Tracks, die leicht benebelt durch alle Möglichkeiten cruisen, die ihnen die grenzoffenen Genres Electronica, Art-Rock, Folk und Worldmusic geben. „The Question Is To See It All“ heißt einer der stärksten Tracks, der die Musik auf die Folkwiese führt. To see it all – das ist der Anspruch von Jaar und Harrington, das soll durch diese Musik erreicht werden. Die beiden spielen also eine postmoderne Psychedelia, die keine Drogen mehr benötigt, weil die Verwirrung des gegenwärtigen Individuums auch ohne Substanzen groß genug ist.
Schlüssel zur Seele sind Jaars Vocals, die auf Kraft verzichten und sich dennoch auf die Schwelle zum Falsett trauen. Eine Partnerschaft gehen sie mit Harringtons Gitarrensoli ein, die auf alles pfeifen, was diese Männlichkeitsdemonstration so unerträglich macht. Stattdessen klingen sie wie ein beschwipster Singvogel, der die Reste von der Gartenpartybowle aufgesüffelt hat und sich nun an Bachs Brandenburgischen Konzerten versucht. Jaar und Harrington nennen Darkside ihre „Jam-Band für Off-Days“. Andere gehen Bowlen. Die beiden schauen unter einige der wenigen unentdeckten Steine, die sich in der Musik noch finden lassen.