Jonathan Lethem :: Chronic City
Manhattan-Zukunftsszenario mit tollen Charakteren
Mit Chronic City hat das deutsche Feuilleton gerade im ganz großen Stile den amerikanischen Autor Jonathan Lethem für sich entdeckt. Das ist erfreulich, bedeutet aber nicht, dass es sein bestes Buch ist – das ist weiterhin Die Festung der Einsamkeit, auch deshalb, weil es mit seinem Setting im Brooklyn der 70er-Jahre nebenbei so viel über die Anfänge der Hip-Hop-Kultur erzählt. Chronic City spielt in Manhattan, in einer nahen Zukunft, die aber teilweise schon ein bisschen wie von gestern wirkt, wenn in Richtung Finale Motive einer virtuellen Welt à la „Second Life“ immer wichtiger werden. Trotzdem ist die Geschichte des ehemaligen Kinderstars Chase Insteadman grandios erzählt, der von der besseren Gesellschaft New Yorks als Symbolfigur für die Sorge um seine Freundin, eine im All treibende Astronautin, adoptiert wird. Insteadman freundet sich mit Perkus Tooth an, einem heruntergekommenen Ex-Rockkritiker, dessen Gedankenwelten reichlich verschwörungstheoretisch wirken, der aber einigen verborgenen Wahrheiten auf der Spur ist, die die Zustände in einer Stadt erklären könnten, die einen ganzjährigen Winter erlebt, von einem entlaufenen Tiger in Atem gehalten wird und leere Apartmenthäuser lieber an Hunde als an Obdachlose vergibt.
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