Andreas Dorau :: Todesmelodien
Staatsakt/Rough Trade
Songwriter-Elektro-Pop, der die längst fällige Neueinordnung dieses Künstlers einfordert.
Dass das Verhältnis zwischen ihm und seinem Publikum von Anfang an von Missverständnissen geprägt war, war dem schon als Teenager überzeugten Pop-Avantgardisten Andreas Dorau nur recht. Zu seinem NDW-Hit „Fred vom Jupiter“, der bis heute seinen langen Schatten auf die Karriere des Hamburgers wirft, kam er wie die Jungfrau zum Kind. Bei den catchy Refrains ist er seitdem geblieben. Sein Sample-basierender House-Pop der Neunziger setzte einen Trend. Todesmelodien, sein achtes Album, spinnt allerdings die Idee des Vorgängers Ich bin der eine von uns beiden (2005) fort von einer weiterhin leichten, swingenden Musik, die sich aus ihrer gewissen zweidimensionalen Abziehbildhaftigkeit jedoch weiter in den begehbaren Raum hinein bewegt. Dank vielseitiger Top-Produzenten wie Mense Reents und Jakobus Siebels (Die Vögel), Andi Thoma (Mouse On Mars) und Carsten „Erobique“ Meyer. Mit viel (vom Klavierstimmer vernachlässigten) Klavier, Bläsern, Frauenchören und so einigen Chanson-, Glam- und 60s-Verweisen und -Zitaten. Wo da die Elektronik kommt und der Musikant mit dem Instrument in der Hand seinen Schemel verlässt, lässt sich nicht sagen. Wem auch? Und wozu? Es scheint, als wäre der „Singer/Songwriter“, als der sich Andreas Dorau selbst sieht, seiner Vision mit Todesmelodien bislang am nahsten gekommen. Die Chance, dass die Öffentlichkeit nicht mehr nur das Köpfchen dieses ewigen und ewig „skurrilen“ Buben tätscheln mag, sondern sich einfach nur von dieser großartigen Popmusik gefangen nehmen lässt, stehen so gut wie nie. Dass seine Texte auf jede Wortgewalt und allzu barocke Metaphorik verzichten und in ihrer Unmittelbarkeit wohl zwangsläufig naiv wirken müssen, sagt nichts über ihre Qualität aus. Im Gegenteil: Refrains wie „Hier kommt der Neid / Bist du für ihn bereit?/ Lern‘ ihn zu verstehen / Dir wird es besser gehen“ sind in praktische Lebenshilfe mündende Philosophie – und vor allem nicht mehr aus dem Kopf zu bekommen.
Key Tracks: „Edelstein“, „Es tut so weh“, „Größenwahn“
Mehr News und Stories