Casper :: XOXO

Four Music/Sony Music

Casper entsagt der reinen Lehre und reichert seinen nachdenklichen HipHop mit allerhand Versatzstücken an.

Deutschland hat sein erstes relevantes Internet-Pop-Phänomen. Als bei tape.tv das Video zu „Der Druck steigt / Blut sehen“, der ersten Auskopplung aus XOXO, seine Premiere feierte, zwang der Ansturm der Casper-Fans kurzzeitig den Server des Musiksenders in die Knie. Bei Facebook wurde der Clip in den Folgetagen mehr als 20 000 Mal geteilt. Ein Erfolg, der keinesfalls aus dem Nichts kommt. Casper ist schon eine Weile around, veröffentlichte ein viel beachtetes Mixtape und ein Album. Doch XOXO ist in jeder Hinsicht ein Quantensprung. Das, was die Platte aus popkultureller Sicht so besonders macht, ist, dass sich auf Caspers Musik viele Menschen einigen werden. Einmal die HipHop-Kids mit Splash-Sozialisation, die sein Intermezzo beim eher straßenorientieren Rap-Label Selfmade und seine Zusammenarbeit mit Kollegen wie Marteria und Kollegah schätzen. Ersterer bekam folgerichtig eines der beiden Featurings auf XOXO. Das zweite ist eine von Thees Uhlmann für den Titeltrack eingesungen Hook, die zeigt: Auch diejenigen, die eigentlich auf Deutschrock mit leichter Emo-Kante stehen, werden von dem aus Bielefeld nach Berlin ausgewanderten Rapper abgeholt. Weil die Musik eben nicht ausschließlich im HipHop stattfindet, Caspers charakteristisch angerauter Sprechgesang oft auf ein vielschichtiges Rock-Instrumentarium gelegt wird. Vielleicht auch, weil Casper wie einer von ihnen aussieht. Und betrachtet man Caspers Hang zum clever angelegten Pathos in Text und Musik, denkt man zu guter Letzt: Darauf werden auch diejenigen steil gehen, die im vergangenen Jahr dafür sorgten, dass Unheilig wochenlang an der Spitze der Hitparaden standen. Allgemeingültigkeit, also. Jenseits aller Geschmacksdiskussionen nicht das Schlechteste, was man über einen Künstler sagen kann.

Key Tracks: „Der Druck steigt“, „XOXO“, „Michael X“

Story S. 26

Com Truise