Simon Reynolds :: Retromania. Pop Culture’s Addiction to its Own Past
Streitbare Prämisse, aber großartiges Buch
Der in den USA lebende englische Musikjournalist Simon Reynolds bezeichnet sich selbst als „Zukunftssüchtigen“. Wahrscheinlich deshalb hat die Grundthese seines neuesten Buches einen so pessimistischen Einschlag. Die populäre Kultur laufe Gefahr, durch ihre – vor allem im Internet immer mehr beschleunigte -Abfolge von Retro-Phänomenen jegliche Originalität zu verlieren. Er spricht von einer drohenden „kultur-ökologischen Katastrophe“, wenn die Archivbestände der Musikgeschichte eines nahen Tages leerzitiert seien. Diese apokalyptischen Töne klingen ein wenig nach der Midlifecrisis eines Musikkritikers (Reynolds ist Jahrgang 1963); schließlich ist das Gefühl, etwas so noch nie zuvor gehört zu haben, ein subjektives, das seltener wird, je mehr man schon gehört hat. Doch wie auch immer man zu der Prämisse stehen mag: Retromania ist ein grandioses Buch. Reynolds geht der Geschichte von Revivals im Pop ebenso nach wie er neueste Trends wie „Hauntology“ oder „Hypnagogic Pop“ auf deren Umgang mit altem Material prüft. Es ist ein Werk, das die theoretischen Debatten in den nächsten Monaten bestimmen wird.
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