Sara Gmuer :: Karizma
Sara Gmuer erzählt in ihrem Debütroman in direkter Spreche die Geschichte einer Rapperin.
So ganz klar wird nicht, ob „Karizma“ nun ein Manifest des Untergangs oder eines der Hoffnung ist. Erzählt werden streng genommen beide Geschichten. Einmal die einer großen Liebe: Ich-Erzählerin Victoria und Said. Das Model mit italienischen Wurzeln und Mafia-Querverbindungen, das niemand mehr bucht und der Araber-Rapper, der auf dem Sprung nach ganz oben ist. Aus einem Ich, so erzählt es die Protagonistin einmal, wird ein Wir. Victoria begleitet Said auf einer Europatour, und genau in dem Moment, in dem man beginnt, an das Glück zu glauben, wird aus dem Wir wieder ein Ich: Said verschwindet bei einem Badeunfall im Mittelmeer. Victoria fällt in ein tiefes Loch – und macht sich nach einigen Monaten daran, Saids Erbe anzutreten. Hier beginnt die Geschichte der Hoffnung. „Karizma“ kommt ohne überflüssige Emotionen aus. Sara Gmuer, die selbst einmal Model war, lässt ihre Protagonistin mit schnoddriger Is-doch-egal-Haltung durch die Seiten springen, beschränkt sich darauf, das Geschehene abzubilden. Am Anfang ist das irritierend, weil es Dinge gleich wichtig erscheinen lässt, die nicht gleich wichtig sind. Der tödliche Autounfall der Mutter, der natürlich kein normaler Unfall war, steht da neben der Information, dass sich beim Weddinger Billig-Asiaten hinter der Nummer 13 Bami Goreng verbirgt und auch später, wenn die Dinge wirklich hart werden, bleibt alles distanziert.
Dazu kommt eine Sprache, die eher direkt als elegant ist. Der Schwanz ist der Schwanz, und „behindert“ ein ganz normales, abschätziges Adjektiv. Die Halbwelt wird ohne allzu große Distanz geschildert. Die Karren? Lamborghini. Die Knarren? Neun Millimeter. Drogen? Na klaro. Kann man fragwürdig finden, doch „Karizma“ besitzt durchaus Verve, vielleicht gerade, weil sowohl Form als auch Inhalt ungewohnt sind: Die Protagonisten des deutschen, popkulturell angehauchten Romans sind schließlich nur selten Rapper.
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