Borngräber & Strüver
Clouds
m=minimal/Kompakt 19. 10.
Minimal ist nicht gleich minimal. Eine Sammlung elektronischer Kammermusik-Kompositionen des Berliner Duos Christian Borngräber und Jens Strüver.
In mehrerlei Hinsicht ist Clouds ein besonderes Album – sowohl für das Label m=minimal, auf dem es veröffentlicht wird, als auch im Katalog seiner Macher Christian Borngräber und Jens Strüver. Es ist eine Sammlung (elektronischer) kammermusikalischer Kompositionen der Jahre 2000 bis 2012 und steht allein schon damit scheinbar am Rande dessen, was Borngräber und Strüver auf ihren bisherigen Alben geleistet haben. Vereinfacht ausgedrückt war das das technoide, zeitgemäße Update des elektronischen Sounds der Berliner Schule der Siebziger.
Und damit hat Kammermusik zwischen klassisch und avantgardistisch oberflächlich gesehen nichts am Hut. Clouds ist auch deshalb anders, weil es einerseits aus Samples von Aufnahmen klassischer Musik (unter anderem von Giuseppe Verdi und Richard Strauss) besteht und andererseits mithilfe vorproduzierter Streicher- und Bläsersounds einer Orchester-Library eingespielt wurde. Zum Beispiel der erste Track „Wellen“. Es ist eine an stiller Dramatik kaum zu überbietende Komposition für Sopran und Streicher. Im Grunde genommen sind Unterscheidungen der Avantgarde in einen E-musikalischen und U-musikalischen Zweig sinnlos – war Conrad Schnitzler nun ein avancierter Popmusiker oder doch ein Vertreter der Neuen Musik?
Und weil das so ist, kann jeder aus Clouds ziehen, was er will. Iannis Xenakis, Klaus Schulze, Brian Eno, Steve Reich – der Fundus an persönlichen Referenzen ist grenzenlos. Clouds ist eine elektroakustische Reise durch Zeiten und Stile. Der titelgebende, dreiteilige Track dekonstruiert Formen klassischer Musik, was ihnen die Struktur Neuer Musik verleiht. Und Borngräber und Strüver zeigen sich ganz im Sinne des minimalistischen Credos ihre Labels als große Meister der Reduktion.
Key Tracks: „Wellen“, „Cloud 1“ bis „Cloud 3“