Howlin‘ Wolf :: Smokestack Lightning: The Complete Chess Masters 1951-1960
Hip-O Select/Universal
Die 4-CD-Box markiert den ersten Teil einer umfangreichen Retrospektive über das Werk der Blues-Legende.
Wenn die Schlagworte Sam Phillips, Memphis und Sun Records fallen, dann folgen in einem kollektiven Automatismus Rockabilly, Elvis Presley und der Verkauf seines Vertrags im November 1955 für läppische 40 000 Dollar an das Label RCA. Doch in einem Interview kurz vor seinem Tod 2003 gestand der Radiomoderator, Produzent und Labelbesitzer Sam Phillips, dass ihm der Verlust von Howlin‘ Wolf an Chess Records wesentlich mehr schmerzte als der des „King Of Rock’n’Roll“ an RCA. Nach dem Genuss der 97 Tracks auf der 4-CD-BOX Smokestack Lightning: The Complete Chess Masters 1951-1960 lässt sich Phillips‘ tiefes Bedauern voll und ganz nachvollziehen, ohne die Bedeutung von Elvis Presley zu schmälern. Mit einer signifikanten Stimme ausgestattet, war der wuchtige Fastzweimetermann Chester Arthur Burnett, wie der bürgerliche Name der 1976 im Alter von 65 Jahren verstorbenen Blueslegende lautete, weder zu übersehen noch zu überhören. Beeinflusst war Howlin‘ Wolf vor allem von Bluesveteran Charley Patton, den er 1930 kennengelernt hatte. Wolfs Karriere, die er im Alter von 20 Jahren begann, kam erst jenseits seines 40. Geburtstags richtig in Bewegung. Sun Records sponserte 1950 zwar Demoaufnahmen, doch Tonträger erschienen erst ab 1951 – erst für RPM Records, dann wenig später ausschließlich für Chess Records. 1953 zog Howlin‘ Wolf vom Mississippi Delta in die Industriemetropole Chicago, wo er nach Gitarrist Jody Williams auf jenen Sechssaitenzauberer traf, der im Gespann mit ihm seinen ureigenen Sound formen half und der ihn bis zu seinem Tod begleiten sollte: Hubert Sumlin. Jede Menge Singles, Alternative Versions, aber auch diverse LP-Tracks sind auf den vier CDs versammelt – denn ein erstes Album namens Moanin‘ At The Moonlight, eine Compilation aus Singles, folgte erst 1959. Howlin‘ Wolfs intensive Bluesbeichten wie „How Many More Times“, Moanin‘ At Midnight“, „Evil“, „Sitting On The Top Of The World“ und „Smokestack Lighning“ drangen erst ins Bewusstsein der Musikhörer, als jenseits des Atlantiks im fernen Großbritannien Nachwuchs wie Alexis Korner’s Blues Incorporated, John Mayall’s Bluesbreakers, The Rolling Stones, The Yardbirds und The Animals damit begonnen hatten, das umfangreiche Repertoire des Bluesmannes und seiner Kollegen erst lokal, dann global populär zu machen. Ein wenig unglücklich endet die Box: Knapp die Hälfte der Songs der legendären LP Howlin‘ Wolf – auch The Rockin‘ Chair Album genannt – findet sich mit „Spoonful“, „Back Door Man“, „Howlin For My Baby“ und „Wang Dang Doodle“, bevor die Kollektion unvermittelt abbricht. Des Rätsels Lösung: Smokestack Lightning: The Complete Chess Masters 1951-1960 versteht sich als erste Ausgabe einer mehrteiligen Reihe.
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