A Most Wanted Man :: Regisseur: Anton Corbijn, USA / UK / Deutschland 2014
Düster-melancholisch: Die Literaturverfilmung des John Le Carré-Bestsellers „Marionetten“ von Regisseur Anton Corbijn
„Intelligence“ ist der Begriff, mit dem die Geheimdienstarbeit beschrieben wird. Es geht um Beobachtung, Überwachung, Kontrolle. Die Idee dahinter: derjenige, der über die meisten Informationen verfügt, hat auch die Deutungshoheit über den Zustand der Welt. Die Öffentlichkeit wurde am 11. September 2001 eines Besseren belehrt, als zwei Flugzeuge in das World Trade Center flogen und die gut informierten Geheimdienste genauso hilflos zusehen mussten wie der Rest der Welt. Anton Corbijns Spionagethriller ist der erste Film einer neuen Zeitrechnung. Die Geheimdienste befinden sich in einer Legitimationskrise. Philip Seymour Hoffman, grandios in seiner letzten Rolle, sind diese Zweifel regelrecht ins Gesicht geschrieben: In jeder Geste kommt eine hyperphysische Erschöpfung an der Welt zum Ausdruck. Hoffman spielt den Agenten Günther Bachmann, der einer geheimen Unterabteilung des deutschen Geheimdienstes vorsteht, die selbst den eigenen Vorgesetzten ein Dorn im Auge ist. Ihm geht es um „Intelligence“, seine Vorgesetzten wollen „Action“. In Hamburg ist ein unbekannter Mann mit Bart aufgetaucht, der die Geheimdienste in helle Aufregung versetzt. Was hat er vor? Bachmann und sein Team entscheiden sich zum Ärger der Behörden erst mal fürs Beobachten. Und um nichts anderes geht es dann auch in „A Most Wanted Man“: die zähe Arbeit der Informationsbeschaffung. Oberflächlich betrachtet besteht Corbijns Films aus nicht mehr als minutiösen Beobachtungen von Prozessen, nicht unähnlich der Polizeiarbeit in „The Wire“. Die Komplexität der politischen Verhältnisse wird erst in den Beziehungen der Figuren untereinander deutlich. „A Most Wanted Man“ deckt diese Verbindungen Stück für Stück auf. Hoffman, Nina Hoss, Willem Dafoe als undurchsichtiger Banker, Rachel McAdams als Menschenrechtsanwältin, Robin Wright als pragmati- sche US-Geheimdienstlerin und Grigoriy Dobrygin in der Rolle des Verdächtigen verleihen dieser zähen, meist unbefriedigenden Spurensuche eine unglaublich plausible Körperlichkeit. Sie sind „Marionetten“ (so der deutsche Titel von Le Carrés Romanvorlage) in einer zynischen Welt des Terrors.
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