José González
Vestiges & Claws
Peacefrog Records/Rough Trade
Keine Dunkelheit, nirgends: Songwriter José González kehrt mit einem wunderbar kontemplativen Folkpop-Album zurück.
Geht man von der Hypothese aus, dass Musik auch als Abbild künstlerischer Gefühlswelten gelten darf, dann scheint es José González heute erheblich besser zu gehen als Mitte der Nullerjahre – lag dem brillanten Debüt VENEER (2005) doch eine Dunkelheit zugrunde, die nicht selten an Schmerzensmänner wie Jackson C. Frank oder Nick Drake denken ließ. Mit VESTIGES & CLAWS schließt José González nun da an, wo er als Solokünstler vor acht Jahren mit IN OUR NATURE aufgehört, und dann mit seiner Band Junip weitergemacht hat: Er rückt heraus aus der Dunkelheit, hinein ins Licht. Da sind keine Wunden, keine Lovestains mehr, die er mit Kreidestimme zu Moll-Akkorden besingt. Da ist jetzt vielmehr eine Tiefenentspanntheit, die sich in Form einer verstärkten Verlagerung aufs Perkussiv-Rhythmische und eines Flirts mit synkopierten afrikanischen Blues-Spielarten à la Ali Farka Touré zeigt. Komplett in González’ Wohnung in Göteborg aufgenommen und produziert, spielt sich all das natürlich im rein akustischen Kontext ab: Geklopft wird auf den Korpus, geklatscht wird mit den Händen, dezent bassgegroovt wird mit der tiefen E-Saite. Es ist ein zurückhaltender und doch betörender Sog, den diese Stücke entwickeln, wenn sie uns mit verhaltener Euphorie und großer Ruhe begegnen. Klänge sind das, die wir in Zeiten digitaler Reizüberflutung so nötig haben wie fließend Wasser.