Frank Schulz
Onno viets und das Schiff der baumelnden Seelen
9. Februar 2015
Der wunderbare Dulder aus Hamburg-Hoheluft ist zurück und geht auf große Fahrt.
Als eine „Fahrt durch die Meere des Schwachsinns“ bezeichnete der „Spiegel“ 1982 die ZDF-Serie „Traumschiff“, deren Macher einst verkündete: „Das soziale Elend unter Deck interessiert keinen Scheiß.“ Literatur über Kreuzfahrten gab es seitdem viel: „Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“, eine literarische Reportage von David Foster Wallace, oder Christoph Maria Herbsts Reisebericht „Ein Traum von einem Schiff“, der zwischenzeitlich nur mit geschwärzten Zeilen verkauft wurde, weil sich eine Frau verunglimpft fühlte.
Sie kann froh sein, dass sie an Bord nicht dem Vetter Donald begegnet ist. Der ist eine Hauptfigur des neuen Romans von Frank Schulz, noch eine geniale Loserfigur aus dem Repertoire des mit Kneipenromanen bekannt gewordenen Autors. Donald Maria Jochemsen, um ihn in voller Schönheit zu benennen, bekommt einen Leibwächter zur Seite, als er eine Kreuzfahrt antritt, um seiner Flamme Kristin Luise, Tänzerin im Entertainmentprogramm, nahe zu sein. Und dieser Leibwächter ist kein Geringerer als Titelheld Onno Viets.
Wir kennen Onno bereits aus Schulz’ vorherigem Roman „Onno Viets und der Irre vom Kiez“ (ME 3/2012), wo er als Tischtennis spielender Privatdetektiv dank seiner „Superkräfte“ Zuhören, Reagieren und Sitzen einen gefährlichen Verbrecher zur Strecke brachte, irgendwie. Nun also leiht er sein Ohr und gütiges Grienen dem paranoiden Donald, der sich, kaum an Bord, sofort in raunenden Wutreden über seine Mitreisenden ergeht: „,Fratzen‘ schimpfte er sie, ,weiche Ziele‘, ,Klatsch- und Stimmvieh‘. ,Subjekte‘. ,Zivilisten‘. ,Verbraucher‘.“
Die Lästereien sind für den Leser so beglückend wie für die Mitreisenden nervtötend. „Schwarmintelligenz sieht anders aus“, ätzt er beim Blick auf Discotänzer. Der gutherzige Dulder Onno Viets gibt den Kontrast dazu, obwohl selbst er diesmal an die Grenzen der Duldsamkeit gerät.
Leider wird auch die Geduld der Leser etwas strapaziert, durch die derben Dialoge der Kasperltheater-Nachspiele, die Schulz zwischen die Kapitel setzt. Donald ist damit zu Geld gekommen. Aber gleich doppelt lesen sich die Tiraden eher zäh.