Glam-Rock: Bowies erstes Album als Ziggy Superstardust feiert runden Geburtstag.
Nach Jahren des kommerziellen Strauchelns stieg David Bowie im Juli 1972 mit seiner Performance des programmatisch betitelten „Starman“ bei „Top Of The Pops“ in himmelhohe Sphären auf und vereinigte sich dort mit seinem Alter Ego, dem Weltraum-Rocker Ziggy Stardust. Auf dem US-Abschnitt der Tour zum Album komponierte er bereits den Großteil des Nachfolgers, der nur zehn Monate nach THE RISE AND FALL OF ZIGGY STARDUST AND THE SPIDERS FROM MARS erscheinen sollte.
AmazonBowie bezeichnete ALADDIN SANE damals als „Ziggy unter dem Einfluss Amerikas“. Zwar sollte die Kunstfigur bereits drei Monate später, am 3. Juli 1973, im Londoner Hammersmith Odeon zu Grabe getragen werden. Doch der Nachhall ihrer nur etwa 14 Monate dauernden Ära ist bis heute zu spüren. Nach einer Zeile der vom französischen Autor Jean Genet inspirierten, bereits Ende November 72 veröffentlichten Single „The Jean Genie“ nannten sich später die Simple Minds, das tragende Simpelriff verhalf im Jahr darauf The Sweet und 2005 Oasis zu Nr.-1-Hits.
Letztlich liegt die Langlebigkeit von ALADDIN SANE auch am Artwork
ALADDIN SANE kommt auch eine Scharnierfunktion im Werk Bowies zu: Erinnerte er mit dem Doo-Wop des schwelgerischen „Drive-In Saturday“ noch an sein nostalgisches HUNKY DORY, wies das Solo des US-Pianisten Mike Garson auf „Aladdin Sane (1913–1938–197?)“ in eine avantgardistische Zukunft. Letztlich aber liegt die Langlebigkeit von ALADDIN SANE auch am Artwork, das Bowies wohl ikonischsten Look zeigt. Seither auf unzähligen Karnevalspartys kopiert, trug Bowie das Make-up lediglich dieses einzige Mal. Nicht nur mit dem von Elvis Presleys „Taking Care of Business“-Logo geborgtem Design machte er es sich auf den Schultern von Giganten bequem.
Im Sound näherte er sich seinen Vorbildern, den Rolling Stones, an – beginnend mit Mick Ronsons von Keith Richards popularisierten Chuck-Berry-Gedächtnislicks im Opener „Watch That Man“ und dessen „Tumbling Dice“-Backinggesang –, dass er sie gegen Ende der Tracklist sogar noch coverte. Leider klingt sein „Let’s Spend The Night Together“, als hätte man dem Song den Kopf abgeschlagen und noch in hysterischer Ziellosigkeit herumirren lassen.
Neben Bowies eigenartig weggemischten Vocals im erwähnten „Watch That Man“ bildet dieser flaue Vorgeschmack auf das mäßige Covers Album PIN-UPS vom Oktober ’73 den einzigen Schwachpunkt eines ansonsten makellosen Albums. Wie es sich für Klassiker dieses Kalibers gehört, werden sie zu jeder sich bietenden Gelegenheit auf den Markt geworfen – zuvorletzt 2003 zum 30. Jubiläum, zuletzt 2013 zum 40. Jahrestag, zuallerletzt 2018 zum 45. Wiegenfest und jetzt eben zum vollen halben Jahrhundert. Diesmalige Formate sind eine LP im Half Speed Mastering, die gottlob das Gatefold-Cover wiederherstellt, optional erhältlich auch als Picture-Disc.