Noch ein Pandemiealbum mit traurigem Choral-Elektro-Pop.
In letzter Zeit frage ich mich oft, wann sich der Begriff „Pandemiealbum“ als Bezeichnung für diejenigen Veröffentlichungen durchgesetzt haben wird, die sich mit den Großthemen Einsamkeit und Isolation beschäftigen. Seit drei Jahren gießen viele Künstler:innen ihr Bedürfnis nach einer neuen Echtheit und Ruhe in ihre Musik. Diese tantige Innerlichkeit wird einem unentwegt vor Nase und Ohr gehalten und nur wenige Musiker:innen konnten der Corona-Zeit heitere, optimistische Momente abtrotzen.
AmazonAuch der 28-jährige Brite Westerman gehört zur „Fraktion Melancholie“. Bereits 2021 hat er sich in ein Studio in L.A. begeben, um mit seinem Produzenten James Krivchenia (der sonst bei Big Chief trommelt) und Band einige Solo-Experimente aus dem Lockdown aufzunehmen. Inspiriert von Bergman-Filmen thematisiert Westerman seinen Kampf existenziellen Krisen und Stillstand. So weit, so öde.
Und doch: Ihm und seinen zurückhaltend agierenden Musikern gelingen stimmungsvolle, leise Perlen. In „Idol“ und „Give“ nutzt die Band den Klang des Aufnahmeraumes so aus, als stünde man neben ihr, während Synthie-Flächen Akustikgitarren kontrastieren. Westerman ist ein talentierter Sänger, Mehrstimmigkeit und eingesprengseltes Geraune prägen die neun Tracks, aber sein mitunter recht selbstverliebter Duktus strengt durchaus an. Auch ist die Idee, stimmliche Schönheit durch Rhythmus und Percussion-Geklöter zu brechen, nicht neu und lässt das Album mitunter etwas frühjahrsmüde wirken.