Die Regierung
NUR
Staatsakt/Bertus (VÖ: 25.8.)
Bösartig at its best: Tilman Rossmy und sein Diskurs-Rock sind wieder in Hochform.
Immer schön, wenn Menschen das tun, was sie am besten können. So wie Tilman Rossmy. „Wenn die Liebe ruft“, singt er in dem gleichnamigen Stück, „überleg ich nicht lang, ich nehm den Job an.“ Auch auf das Lesen der AGBs verzichtet Rossmy dann großzügig, wenn ihn Amors Pfeil trifft, und das alles trägt er vor wie ein knurriger Hund, der seinen letzten Knochen gegen jüngere Konkurrenz verteidigt.
AmazonMan könnte jetzt sagen, Rossmy war immer schon frühvergreist, selbst frisch eingeschult in der Hamburger Schule war er gut für diese kleinen Bösartigkeiten und Zynismen. Und jetzt, da er mit NUR, dem neuen Album seiner Regierung, das gesetzliche Rentenalter erreicht hat, ist er endlich so alt, wie seine Stimme und seine Texte immer schon klangen. Diese Stimme ist sogar in der Lage, weitgehend fremdschamfrei Selbstoptimierungsratgebersprüchlein zu singen: „Wenn du wirklich frei sein willst, musst du nur wissen, wer du bist.“
Und dann guckt er wieder ganz genau hin, sieht die Buddha-Figur aus dem Baumarkt, erinnert sich an seinen ersten LSD-Trip und schlüpft im großartigen „Licht“ in den Mantel des Typen, dessen Welt gerade aus den Fugen geht. Rossmy vermisst so einfühlsam wie nur Wenige Leben und Glück und Liebe und Alltag, und wie das alles so zusammenhängt, während Die Regierung einen staubtrockenen Rock spielt, der genau ist, was diese mürrische Stimme braucht, wenn sie dir noch einen mitgibt: „Das Beste, was du geben kannst, ist nichts.“