Klez.e
ERREGUNG
Windig/Cargo (VÖ: 23.2.)
Tobias Siebert treibt seinen Dystopie-Rock noch weiter in den dunklen Keller.
Wenn man ERREGUNG oft genug hintereinander hört, wird alles eins. Die dysthymisch wummernden Gitarrenriffs, der dräuende Bass, das Herzschlag-Schlagzeug, darüber Tobias Sieberts am Rand der Verzweiflung kratzende Stimme und die aktuellen Zeiten. Man guckt sich um, überall Krise und Krieg, und man schließt die Augen – und Klez.e spielen den schlüssigen Soundtrack dazu. Es geht um „die Grenzen im Innern“, um „Kanonen, die donnern“, um die ganz privaten Blasen, und Andreas Spechtl bekommt seine Props – und das alles bloß im Titelsong, einem siebenminütigen Monster der Alltagsdepression.
AmazonSeit der Cure-Verbeugung DESINTEGRATION (2017) hat Siebert, nebenbei noch And The Golden Choir, deren letzte Veröffentlichung auch schon sechs Jahre zurückliegt, und erfolgreicher Produzent, Berlin verlassen und Wohnsitz und Studio in einem vorpommerschen Dorf mit kaum 500 Einwohnern genommen.
Es gibt auch Liebe in dieser Welt, aber selbst die ist bloß letzter Umweg vor der finalen Verzweiflung
ERREGUNG dringt nun noch weiter vor in die dunklen Abgründe der Jetztzeit, in die DESINTEGRATION schon ziemlich tief abgesunken war, Songs heißen „Düster“ oder „Tortur“, Protagonisten unter Autobiografe-Verdacht „fallen im Vorgarten einfach um“, sie erinnern sich an ein untergegangenes Berlin, in dem sogar die legendäre Gothic-Disco Linientreu noch geöffnet hat und die Oberbaumbrücke noch kein Party-Berlin-Disneyland ist, sondern das Ende der Welt.
Ja, es gibt auch Liebe in dieser Welt, aber selbst die ist bloß letzter Umweg vor der finalen Verzweiflung: „Ich will nur dich in aller Tristesse“, singt Siebert im noch vergleichsweise aufgeräumten „Mr. Dead & Mrs. Free“, und nicht nur die Gitarren verlieren sich im schier endlosen Hallraum.
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