Boom Box: Egaler Samt – Davide Bortot über Big Sean, Wale und Tyga
Big Sean, Wale und Tyga sind wahnsinnig erfolgreich - und werden für ihre Belanglosigkeit verachtet. Ihre neuen Alben werden an beidem nichts ändern.
Eine unbestrittene Wahrheit in der bestreitfreudigen HipHop-Welt ist: Big Sean, Wale und Tyga sind scheiße. Sie sind, so der Konsens, austauschbar, egal, eine Zumutung in ihrer Durchschnittlichkeit. Dass sie dennoch erfolgreich sind: unerklärlich. Jetzt aber haben alle drei neue Alben veröffentlicht – eine gute Möglichkeit, ihnen noch mal eine faire Chance zu geben.
Tyga hat sich für FAN OF A FAN (Young Money/RCA) mit dem R’n’B-Sänger Chris Brown zusammengetan, der hier hauptsächlich rappt. Das geschieht zwölfmal über den exakt gleichen Beat, der einmal von DJ Mustard ist und ansonsten nach DJ Mustard klingt: minimalistische Kick-Schnipps-Kombos, wie sie letzten Sommer nach drei Erdbeersekt noch Spaß machen konnten, hier aber ausnahmslos nerven. Gäste wie Pusha T oder ScHoolboy Q wirken auf diesem eindimensionalen Bottle-Service-Sound seltsam deplatziert, da können auch die schelmischen Trance-Anleihen auf der Single „Ayo“ nichts rausreißen. Ein Song heißt überdies „Bitches N Marijuana“.
Wale dagegen müht sich auf THE ALBUM ABOUT NOTHING (Maybach Music/Atlantic) um eine reife und reflektierte Weltsicht. Zur gründlichen, objektiven Prüfung wendet man sich – nachdem sowohl der listige Albumtitel als auch das ausgefuchste Konzept mit den unterschiedlichen Covern rigoros ignoriert wurden – der Single „The Matrimony“ zu, auf der es keineswegs um nichts geht, sondern um Dinge wie Hingabe und Verantwortung und um eine Hook von Usher, die so eklig normcore daherdudelt, dass die Prüfung leider nach Sekunden abgebrochen werden muss. Schad. Dann also Big Sean. Der hat auf DARK SKY PARADISE (Good Music/Def Jam) Kanye West und Drake sowie ein paar überraschend dynamische Momente am Mic. Leider aber hat er auch: nix zu sagen. Unlängst übrigens veröffentlichte Kendrick Lamar sein neues Album TO PIMP A BUTTERFLY. Das ist das Wichtigste, was man über Big Sean, Wale und Tyga wissen muss.
Diese Kolumne ist in der Mai-Ausgabe des Musikexpress erschienen.