Ein ESC mit viel Drama: EBU verspricht Aufarbeitung
Zensur und Disqualifikation: Die EBU überdenkt noch einmal diesjährige ESC-Entscheidungen.
Am vergangenen Samstag (11. Mai) gipfelte der Eurovision Song Contest in Malmö mit einem Finale, das der nonbinäre Artist Nemo aus der Schweiz für sich entscheiden konnte. Doch der ESC 2024 wurde insgesamt kontrovers besprochen, die Vorfälle abseits der Bühne kritisch beäugt. Der Vorstand des Events hat jetzt bekannt gegeben, jene Aktionen, die „nicht den Regeln und dem Geist des Wettbewerbs“ entsprochen haben, im Nachgang noch einmal genauer zu prüfen.
Statement der EBU
Die European Broadcasting Union (kurz: EBU) hat sich gegenüber „Irish Independent“ und „The Mirror“ zu den weniger schönen Ereignissen rund um den Musikwettbewerb geäußert. „Wir bedauern, dass einige Vertreter:innen beim Eurovision Song Contest in Malmö den Geist der Regeln und des Wettbewerbs sowohl vor Ort als auch während der Übertragungen nicht respektiert haben“, beginnen sie. „Während der Veranstaltung sprachen wir mit einer Reihe von Vertreter:innen über verschiedene Themen, die zu unserer Kenntnis gebracht wurden.“
Die EBU verspricht weiter im Statement, die Ereignisse zu prüfen, um den diesjährigen ESC mit einem positiven Ist-Zustand zu verabschieden. Es soll sichergestellt werden, dass die Werte des Events von allen auch in Zukunft respektiert werden. „Die Einzelfälle werden vom Leitungsgremium der Veranstaltung, der Eurovision Song Contest Reference Group, die sich aus Vertretern der teilnehmenden Rundfunkanstalten zusammensetzt, auf seiner nächsten Sitzung erörtert“, versichert der Zusammenschluss.
Das waren die Aufreger beim ESC 2024
Die Rede ist wohl unter anderem von der kurzfristigen Disqualifikation von Joost Klein und seinem Song „Europapa“. Der Niederländer wurde kurz vor dem Finale von der Europäischen Rundfunkunion vom Wettbewerb ausgeschlossen. Die Polizei soll nach einem Zwischenfall beim Halbfinale am Donnerstag (09. Mai) ermitteln. „Die schwedische Polizei hat die Anzeige eines weiblichen Mitglieds des Produktionsteams nach einem Zwischenfall nach seinem Auftritt im Halbfinale am Donnerstagabend untersucht. Während das Gerichtsverfahren seinen Lauf nimmt, wäre es für ihn nicht angebracht, weiter am Wettbewerb teilzunehmen“, hieß es in der offiziellen Ansage der EBU weiterhin schwammig.
Bambie Thug aus Irland wiederum eckte mit pro-palästinensischem Statement an, das es letztlich aber nicht in die Finalshow schaffte. Die geplante Performance des nonbinären Artists musste kurzfristig angepasst werden, weil sonst politische Botschaften durch Körperbemalung vermittelt werden sollten. So wollte Bambie Thug auf dem Körper die Wörter „Ceasefire“ (Waffenstillstand) und „Freedom“ (Freiheit) tragen. „Die Schrift, die auf Bambie Thugs Körper während der Kostümproben zu sehen war, verstieß gegen die Wettbewerbsregeln, die den unpolitischen Charakter der Veranstaltung schützen sollen“, sagte eine Sprecherin der Europäischen Rundfunkunion dazu.
Nachdem Bambie Thug im Finale den sechsten Platz belegt hatte, packte der Act in einem Interview die eigene Meinung über die EBU aus. „Ich will nur sagen, wir sind das, was die Eurovision ist. Die EBU ist nicht das, was die Eurovision ist. Scheiß auf die EBU“, regte Bambie Thug sich auf.
Plus: Israels Kandidatin Eden Golan durfte nach einer Anpassung ihres Textes und Titels des Ursprung-Songs „Hurricane“ trotz des Israel-Gaza-Krieges antreten. Eine Entscheidung der EBU, die bei vielen auf Unverständnis stieß. Der in London lebende Musiker Jason Kwan zum Beispiel zweifelte öffentlich die politische Neutralitätsklausel des Wettbewerbs an. Die Rundfunk-Union sei sogar „explizit politisch“, wenn sie Israel einbeziehe, aber pro-palästinensische Künstlerinnen wie Bambie Thug zensiere.