Brandon Flowers

THE DESIRED EFFECT

Island/Universal

Der Killers-Chef singt zu schlagerhaftem 80s-Poprock. ... Noch jemand da? Gut, dann dranbleiben bitte.

Es kommt schon mal vor, dass jemand von der Plattenfirma anruft und über ein neues Album sprechen will. „Super wichtige Platte, die Blogger stehen voll drauf, bla bla bla.“ Dass sich jemand meldet und vor einer Platte warnt – das kam noch nie vor. Ist aber hier passiert. Das Fazit des Telefonats über das zweite Solowerk von Brandon Flowers in vier Worten: „Alter, das ist Schlager.“ Also, eine Überraschung ist das ja nicht. Mickie Krause hat „Human“ von den Killers in sein Mallorca-Programm gepackt, der Flirt mit dem Discofox macht Flowers schon seit langem Spaß. Jetzt wird die Sache heiß: „Dreams come true, yes they do.“

Die besten Songs dieser Platte sind hoffnungslos over the top. „Can’t Deny My Love“ erinnert an „Laura Jane“ von Howard Carpendale, ein Schlager mit viel Nebel, total dramatisch und mysteriös. Wenn man so was singt, dann bitte vollkommen von sich überzeugt. Und hier lässt Flowers sich nicht zwei mal bitten: Er spielte den Song mit großer Inbrunst bei Jimmy Fallon im US-Fernsehen, hinter ihm zwei Soul-Sängerinnen, an Bass und Gitarre bärtige Metaltypen, die das Stück so glaubhaft begleiteten wie Veganer ein Steak grillen. Die Scharade erinnert an die Frauen in Anzügen, die so taten, als würden sie zu Robert Palmers Songs Instrumente bedienen. Man glaubt den Schwindel nicht – und ist doch fasziniert.

„I Can Change“ basiert auf „Smalltown Boy“ von Bronski Beat, Jimmy Somervilles Sirene klingt im Hintergrund, Neil Tennant von den Pet Shop Boys sagt einen kurzen Satz, den er ohne den Song zu kennen als Datei geschickt hat. Knietief in den Achtzigern. Hoffnungslos veraltet? Vorsicht, der sanfte Springsteen-Groove von „Between Me And You“ hat The War On Drugs berühmt gemacht, „Still Want You“ hat genau die Soulpop-Emphase, die man bei Future Islands feiert. Zwar sind Brandon Flowers‘ Melodien noch simpler, die Arrangements manchmal platt. Aber so weit weg vom Indie-Zeitgeist dieser Tage ist er nicht!

Leider sinkt die Qualität der Songs in der zweiten Albumhälfte, der Redneck-Stampfer „Digging Up The Heart“ und das geknödelte „Untangled Love“ tun weh. Im Finale mischt der Mann bei „The Way It’s Always Been“ schließlich Dylan-Gesang, Beatles-Spielereien und Eagles-Harmonien. An alle, die weglaufen: Chuzpe hat der Mann.