Jim O’Rourke
Simple Songs
Drag City/RTD
Der Alleskönner-Komponist-Gitarrist und Produzent im Barock-Pop-Frühling.
Chronisten haben jetzt festgestellt, dass es im Nine-Eleven-Jahr 2001 war, dass Jim O’Rourke zuletzt ein Songwriter-Album veröffentlicht hat. Soll uns daran erinnern, der Mann arbeitet in lang angelegten Zyklen, er arbeitet immer wieder anders, und: er arbeitet an allen Ecken und Enden. Klar, O’Rourke war ein halbes Jahrzehnt Bassmeister bei Sonic Youth, er produzierte Wilco, Smog und Stereolab, er führte Regie, komponierte Filmscores, partizipierte an intensiven Überblendungen von Noise, Jazz und allem, was man so Postrock nennen darf. Das Spektrum seiner Soloalben reicht vom John-Fahey-Tribut (BAD TIMING, 1998), über eine Einladung in seine persönliche Rock And Roll Hall Of Fame (INSIGNIFICANCE, 2001) bis hin zum 38-minütigen Instrumental-Opus THE VISITOR (ein einziger Track, 2009), das so elegant die Kurve von Alt-Country zu Electronica kratzte. Irgendwann wusste man nicht mehr, was O’Rourke eigentlich nicht gemacht hat. Wer jetzt diese SIMPLE SONGS hört, muss den kompletten Schaffensumfang mit allen Seitenwegen gar nicht kennen, die neue O’Rourke funktioniert komplett für sich.
Der Gitarrist und Sänger labt sich am Barock der späten Jahre („That Weekend“, „Half Life Crisis“), besucht die stillen Kammern des „Hotel Blue“, entdeckt mit uns die Geister, die Randy Newman dort nicht abgeholt hat und führt auch einen Song im Programm, der direkt vom letzten Lambchop-Album stammen könnte, so sanft singen die Steel-Gitarren in „The Hands“. Der Verbindungslinien zum etwas akademischeren Rock und experimentelleren Pop hat es dennoch zahlreiche. Wie O’Rourke aus diesen seine Songs spinnt, das darf sein Geheimnis bleiben. Er besucht Gegenwart und Vergangenheit im selben Moment und singt gerne ein larmoyantes Lied dabei. Eine lineare Geschichtsschreibung verbietet sich bei O’Rourke aber eh, die vielen Personae, die unter seinem Namen aufscheinen, pflegen untereinander heiße Drähte, der Singer/Songwriter kennt den mit allen Wassern des Postrock gewaschenen Instrumentalisten einfach zu gut.