Jamie xx
In Colour
Young Turks/Beggars/Indigo
Der Beatmacher von The xx bastelt aus den Trümmern von Post-Dubstep, House und UK-Garage eine subjektive zeitgenössische elektronische Musik.
Es wurde ja schön öfters referiert über die Bedeutung der Musik von The xx als Wendepunkt in den diversen Szenen. Nicht nur hat das Trio aus London einen radikalen Minimalismus in der Indie-Welt konsensfähig gemacht, sondern auch mit dem elektronischen Ambiente seiner nur partiell elektronisch generierten Musik Einfluss auf die Entwicklung der Electronica im laufenden Jahrzehnt genommen. Wer weiß, was aus den Bassmusiken geworden wäre, wären The xx damals, 2009, nicht an die Öffentlichkeit getreten? Und hier kommt Jamie Smith aka Jamie xx ins Spiel.
Als Beatmacher von The xx hat er die Musik seiner Band sanft, aber hörbar elektronisiert. Und mit seinen bisherigen Solo-EPs auf den Ruinen des Dubstep einen hochgradig originären Sound erschaffen, der das xx-Gefühl mit den Entwicklungen der Bassmusik zusammenbringt und diese weiterdenkt. Eine sanfte Melancholie hängt über den meisten dieser Stücke, exemplarisch: der Eineinhalbminüter „Just Saying“, eine introspektive Ambient-Miniatur. Wir hören öfters die Steeldrums, das Sound-Erkennungszeichen von Jamie xx. Die drei Stücke, auf denen Romy Madley Croft (zwei Mal) und Oliver Sim den Gesang liefern, verstärken das xx-Gefühl. Und „Gosh“ ist der offensive, Afro-Funk-beeinflusste Track, der so auch gut auf dem nächsten Album von Daphni aufgehoben wäre.
Es gibt einen Ausreißer auf IN COLOUR, der aber sehr gut die multiplen Einflüsse des Künstlers untermauert: „I Know There’s Gonna Be (Good Times)“ mit Young Thug und Popcaan, ein Track, der um ein Sample der A-cappella-Band The Persuasions aufgebaut ist und Gospel, HipHop und R’n’B zusammenbringt. IN COLOUR kann man auch als musikalische Spurensuche lesen, die hochgradig subjektive Interpretation elektronischer Musik, die sich aus den hochgradig subjektiven Einflüssen des Künstlers ergibt. Oder wie Jamie xx selbst seinen Weg beschreibt: Früher war er Fan von elektronischer Musik, jetzt ist er selbst Teil dieser Welt.