Nozinja
Nozinja Lodge
Warp/Rough Trade
Der König des Shangaan-Electro beschreitet auf seinem LP-Debüt die weiten Felder von Rave, afrikanischer Township-Folklore und Computer-Trash.
Das Beste an den kribbelig-schrägen und hyperbunten Songs des Südafrikaners ist gar nicht mal, dass sie so irre gute Laune machen, sondern dass man nicht nur hört, sondern ganz tief im Brustkorb spürt, wo sie entstanden sind – diese wahnwitzigen Versuchsanordnungen aus Afro-Futurismus und trashigen Cyber-Sounds. Auf den Straßen der Townships nämlich, genauer: auf den berühmten Straßenpartys, die es in Südafrika schon früher gab, die aber erst in den letzten Jahren zum Motor einer ekstatischen Post-Apartheids-Musikkultur geworden sind.
„Shangaan-Electro“ nennt man den wilden Mix, für den der in der Provinz Limpopo ansässige Produzent Nozinja so etwas ist wie Juan Atkins für den Detroit-Techno. Traditionelle Zulu-Rhythmen und Sprechgesang treffen auf Tsonga-Disco, auf hochgepitchte Casio-Synthesizer und kollidieren mit auf 180 bpm beschleunigte House-Beats. In „Baby Do U Feel Me“ klingt das, als sei man mitten auf den Strand-Parcours des Nintendo-Klassikers „Mario Kart“ geraten, in „Tsekeleke“ wie ein High-Speed-Rave mit Chipmunk-Stimmen. Immer aber ist in diesen Stücken alles ganz anders als in allen anderen elektronischen Experimentierräumen, die man dieser Tage in Europa betritt.
Erstaunlich vor allem, wie gut diese aufgekratzte Musik fast ganz ohne Bass auskommt. Der Antrieb geht hier nicht wie sonst bei Clubmusik von den Bässen aus, von deren Gewicht und Reibungskraft, sondern nur von purer Geschwindigkeit und dem gleichwertigen Nebeneinander Dutzender Sound-Fragmente von beiden Seiten: menschlicher und computergenerierter Musik, die dem Begriff „post-digital“ einen völlig neuen Klang gibt.