Carly Rae Jepsen

E-MO-TION

Interscope/Universal VÖ: 18. September 2015

Perfektions-Pop, der musikalisch mehr draufhat, als die Texte zunächst vermuten lassen.

„Call Me Maybe“, Carly Rae Jepsens perfekt-unschuldiger Popmoment, erschien vor drei Jahren, und wer denkt, die 2010er-Jahre steckten popmusikalisch in der totalen Stagnation, wird beim Wiederhören mit dem Hit eines Besseren belehrt: So eine Zuckernummer wird heute nicht mehr produziert, der zeitgemäße Pop suhlt sich mittlerweile alternativlos zwangsläufig im Retrosirup der 80er.

Das Resultat sind häufig schrecklich klebrige Songs, deren digitale R’n’B-Seifig­keit einem tierisch auf den Geist geht. Wie konnte es dazu kommen, dass Boyz II Men für diese Popgeneration einflussreicher sind als Prince, die Pet Shop Boys oder Madonna?

Jetzt hat Carly Rae Jepsen ihre dritte Platte fertiggestellt, und tatsächlich: Die Kanadierin und ihr üppiges Kreativ- und Klangteam machen es besser. Vergessen wir, dass Jepsen 30 ist und eigentlich keine Lieder mehr singen sollte, die „I Really Like You“ oder „Boy Problems“ heißen. Aber es gibt ein paar tolle, selbstbewusste Stücke: „All That“ (Koautor Dev „Blood Orange“/„Lightspeed Champion“ Hynes) macht Prince stolz, die pulsierenden Brüche von „Warm Blood“ erinnern an Robyn, „Your Type“ könnte auch vom neuen Chvr­ches-Album stammen.