Wanda
Bussi
Vertigo/Universal VÖ: 2. Oktober 2015
Wer A(more) sagt, muss auch B(ussi) sagen, oder besser: gen Himmel schreien. Die Wiener Rock’n’Roll-Band lässt nichts anbrennen und setzt Wandamania kein Jahr nach ihrem jetzt schon legendären Debütalbum mit einem gleichwertigen Pendant fort.
Dass das Debütalbum einer Band oft ihr bestes ist und zweite Alben nicht umsonst einen schwierigen Ruf haben, liegt in einem einfachen Umstand begründet: Während man seine ganzen die Identität formenden Jugendjahre Zeit hat, den Wahnsinn des Lebens in Songs zu fassen, um dann nur die besten davon auf der ersten Platte zu verewigen, muss das Material für den Nachfolger meist hektisch zwischen Tourbus und Proberaum zusammengestöpselt werden. Die immer zu frühen Deadlines der Labels erschweren die Qualitätskontrolle.
BUSSI von der österreichischen Gossenrocksensation Wanda ist deshalb so gut wie AMORE, der Vorgänger aus dem letzten Oktober, weil es zum größten Teil zur selben Zeit entstanden ist. Einzig „Alarm!“ und „Mona Lisa der Lobau“ sind neu. Wer denkt, es könnte sich somit hierbei nur um Ausschussware handeln, dem seien meisterliche Geschwisterwerke wie AMNESIAC und – hell yes! – USE YOUR ILLUSION II ins Gedächtnis gerufen. So nah sind sich die Lieder beider Alben, dass sie miteinander kommunizieren: „Alarm!“ arbeitet, wie zuletzt „Bologna“ und „Jelinek“, mit dem „Amore“-Schlachtruf und grüßt mit dem langgezogenen „in der Naaacht“ gleich noch mal „Jelinek“. In „Nimm sie wenn du’s brauchst“ geht es zurück nach Bologna. Auch der Schnaps bleibt zentrales Thema. Am Ende von „Andi und die spanischen Frauen“ nähert sich kurz „Auseinandergehen ist schwer“ an. Die einzige Strophe der Leadsingle, „Bussi Baby“ (feat. The Notorious Ronja von Rönne im Video) spielt auf „Bleib wo du warst“ an. Das Keyboardsolo wirkt wie „Kairo Downtown“ entnommen. Tatsächlich besteht „Bussi Baby“ neben diesem Recyling aus nicht viel mehr als einem wie von betrunkenen Bulldoggen gekläfften Refrain. Eingängig wie eine Faust aufs Maul. Eigenartiger Teaser. Gerade jetzt, wo jeder hinhört, wo jeder bereit ist, umgeworfen zu werden.
Das wird dennoch passieren – sogar buchstäblich, falls der entwaffnend simple Mitreißer „1, 2, 3, 4“ zum Ries’n-Wies’n-Hit wird. Und jetzt alle: „Aans, zwaa, drei, vier – es ist so schön bei dir“. Man sieht die bierbrummenden Massen förmlich dazu beglückt von den Holztischen krachen. „1, 2, 3, 4“ als neues „’54, ’74, ’90, 2006“? Obwohl in puncto Songwriting Welten liegen zwischen BUSSI und BURLI kann man diese Frage nur bejahen. „Wir wollen halt ausgerufen Mainstream werden“, sagten Wanda dem Onlinemagazin „Kaput“. „Wir wollen nicht zum Denken anregen, wir wollen einladen zu Ekstase und Leidenschaft.“
Liebend gern nehmen wir die Einladung an. Wie auf einer von diesen auf Facebook ausgerufenen Sturmfreipartys werden wir uns fühlen. Bis wegen Massenandrangs die Polizei kommt oder man ins Spital wandert, wo man fortan die Post empfängt. Bis dahin verbrüdert man sich mit „dem Andi“ („der Thomas“ bleibt dem BUSSI-Fest fern) und brüllt einander die neuen Slogans zu: „Es muss halt jeder einmal untergehen“, „Es gibt keinen Grund, sterblich zu sein“, „Aber ich leb so viel wie du in einem Jahr an einem Tag“ und dessen herrliche, gleichermaßen stolze und selbstkritische Abwandlung „Aber ich sauf so viel wie du in einem Jahr an einem Tag“. Das erinnert, wie so vieles bei dieser Band, an Oasis: „We see things they’ll never see, you and I are gonna live forever.“ Im Rahmen ihrer Möglichkeiten stehen Wanda jetzt da, wo die Gallaghers vor 20 Jahren, vor (WHAT’S THE STORY) MORNING GLORY?, standen. Sie soll sich wiederholen, die Geschichte. „Das wär schön.“