Xavier Naidoo fährt doch nicht zum ESC 2016
ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber: „Es war klar, dass Naidoo polarisiert, aber die Wucht der Reaktionen hat uns überrascht. Wir haben das falsch eingeschätzt.“
Das ging ja schnell: Nur zwei Tage, nachdem ARD und NDR ankündigten, den polarisierenden Sänger Xavier Naidoo ohne Vorentscheid für Deutschland zum Eurovision Song Contest 2016 zu schicken, ziehen sie ihre Entscheidung zurück.
ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber erklärt in einer Mitteilung: „Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung weder Rassist noch homophob ist. Es war klar, dass er polarisiert, aber die Wucht der Reaktionen hat uns überrascht. Wir haben das falsch eingeschätzt. Der Eurovision Song Contest ist ein fröhliches Event, bei dem die Musik und die Völkerverständigung im Mittelpunkt stehen sollen. Dieser Charakter muss unbedingt erhalten bleiben. Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden. Aus diesem Grund wird Xavier Naidoo nicht für Deutschland starten. So schnell wie möglich werden wir entscheiden, wie der deutsche Beitrag für den ESC in Stockholm gefunden wird.“
Auch Xavier Naidoo selbst hat sich via Facebook zu seinem eigenen Fall geäußert:
„Vor einigen Monaten ist die ARD auf mich zugekommen und hat mich gebeten, im nächsten Jahr für Deutschland beim Eurovision Song Contest in Stockholm anzutreten.
Das war der alleinige Vorschlag der ARD. Ich habe nach reichlicher Überlegung schließlich zugesagt, weil dieser Wettbewerb ein ganz besonderes Ereignis für mich gewesen wäre. Wenn sich nun kurz nach unserer vertraglichen Einigung mit dem NDR und dem Abschluss aller Vorbereitungen die Planungen der ARD durch einseitige Entscheidung geändert haben, dann ist das ok für mich. Meine Leidenschaft für die Musik und mein Einsatz für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander wird hierdurch nicht gebremst.
Xavier Naidoo, 21.11.2015“
Die eigenmächtige Entscheidung der ARD, Xavier Naidoo für Deutschland beim Eurovision Song Contest 2016 in Stockholm antreten zu lassen, stieß auf heftige Ablehnung und Unverständnis. Warum? Naidoo ist in Deutschland zwar einer der kommerziell erfolgreichsten Popstars der letzten 15 Jahre. Eben dieses Land hält er aber auch für besetzt, unsouverän und von höheren Mächten gesteuert. Im ARD-Morgenmagazin etwa sagte er 2011, Deutschland sei kein freies Land und immer noch besetzt, einen Friedensvertrag habe es nie gegeben. 2014 trat er auf Kundgebungen und Montagsdemos selbsternannter Reichsbürger auf, im gleichen Jahr gewann er für all seine Verschwörungstheorien gar ein „Goldenes Brett“. Die Popakademie in seiner Heimatstadt Mannheim distanzierte sich von Naidoo, er selbst ließ unter anderem mitteilen, er sei auf einer der besagten Kundgebungen „nur zufällig mit dem Fahrrad vorbeigefahren“.
Neu ist sein wirres Gedankengut nicht: Bereits im Juni 1999 sprach der damals aufstrebende Naidoo im Interview mit Musikexpress unter anderem von Wettstreits von Religionen, Kreuzzügen, der Apokalypse und Mannheim gegen Amerika. So gab Naidoo etwa zu, dass er ein Rassist sei, „aber ein Rassist ohne Ansehen der Hautfarbe. Ich bin nicht mehr Rassist als jeder Japaner auch“. Lest hier das komplette Naidoo-Interview (in alter Rechtschreibung).
Beim ESC 2015 landeten die „Unser Song für Wien“-Gewinnerin Ann Sophie und ihr Song „Black Smoke“ für Deutschland mit null Punkten auf dem letzten Platz. Der nächste Eurovision Song Contest findet am 14.Mai 2016 in Stockholm statt. Vielleicht ja mit den Kassierern statt mit Xavier Naidoo?