Popkolumne

Nummer Eins: Jochen Overbeck über „Ham Kummst“ von Seiler und Speer


Wiener Mood in den Österreichischen Single-Charts. Ganz oben standen im Januar: Seiler und Speer mit „Ham Kummst“.

Seiler und Speer sind strenge Gesellen. So rüffelten sie unlängst in einem Interview den Akzent von Marco Michael Wanda. „Wenn du im Beisl im zehnten Bezirk so sprichst, dann liegst du in kürzester Zeit mit einem Fisch im Bauch vorm Lokal“, sagten sie der Tageszeitung „Die Presse“.

Nummer Eins: Die Pop-Kolumne von Jochen Overbeck
Nummer Eins: Die Pop-Kolumne von Jochen Overbeck

Das Wort Fisch, das sollte man anfügen, steht in diesem Fall für ein Messer, und wir wissen nicht genau, ob wir uns jetzt Sorgen machen müssen, vermutlich nicht, denn Marco Michael Wanda lebt ja noch, obwohl er bestimmt des Öfteren in einem Beisl sitzt, aber das ist ein anderes Thema. An dieser Stelle soll es um den Song gehen, der bei YouTube mittlerweile über elf Millionen Klicks eingesammelt hat und für den in Österreich vermutlich eine neue Edelmetallsorte entdeckt und geschürft werden musste, so lange ist er da schon in den Hitparaden. Austrophil, wie wir sind, steigen wir in die großflächig ausgebrachten Lobpreisungen der Kollegen mit ein: Wie Christopher Seiler und Bernhard Speer, eigentlich Comedians und Schöpfer der Comedy-Serie „Horvathslos“, da in einem nassen Hinterhof einen Beziehungskomplex aufarbeiten, der trotz bester Absichten (Rosen! Wein!) eher ins Negative pendelt und während dieser Tätigkeit übertrieben saublöd aussehen, das ist schon sehr witzig. Oder, um mit Wikipedia zu sprechen: „Lebensnahe Texte karikieren verschiedene Alltags­situationen mit niederösterreichischem Humor.“ Der Kniff ist natürlich, dass sie musikalisch einem Rezept folgen, das sich bewährt hat.

Eigentlich klingt das Lied exakt wie „Stolen Dance“ von Milky Chance. Die wiederum, das sagt jetzt nicht Wiki, sondern das sagen wir, singen darüber, die ganze Nacht den Boogie zu machen, und zwar bekifft, was doch so schwierig ist. Der Narrativ der Wiener Gosse vs. bundesdeutsches Schluffitum: Wir sind Team Seiler und Speer, zumal deren Debütalbum ein weiteres Highlight enthält. „I Wü Net“ ist quasi eine politisch abgefederte Wiener Variante zu Bartlebys „I would prefer not to“. Eine Haltung, die wir vorbehaltlos unterstützen.

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