Bright Eyes: live in der Arena in Wien
Zwischen Apokalypse und Erleuchtung: me.porterin Elisabeth Dorner hat das Konzert von Bright Eyes am 5. Juli in der Wiener Arena besucht und rezensiert.
Das Line-up des Bright Eyes-Gigs in Wien erweckt mehr den Eindruck eines Folk- und Indie-lastigen Mini-Festivals, als den eines einfachen Konzerts. Pünktlich um sechs Uhr beginnen Two Gallants das Publikum in der sommerlichen Freiluft-Location mit ihren teils idyllischen, teils rockigen Klängen zu beschallen. Auch ein heftiger Regenguss kann nur wenige der musikbegeisterten Zuschauer, die hauptsächlich aus zwanzig- bis dreißigjährigen Bright Eyes-Liebhabern jeglicher schubladenhafter Gruppierungen (von alternativen Dreadlock-Trägern, über Indie-Typen mit knallengen schwarzen Jeans, bebrillten Nerds bis hin zu wippenden Normalos) bestehen, in die überdachten Hallen vertreiben, wurden doch am Eingang vorausschauend Müllsack-ähnliche Regenmäntel verteilt.
Triefend und unter Geraschel (aufgrund der „Regenschutzsäcke“) stehen ab sieben Uhr Jenny & Johnny auf der Bühne. Die aus Johnathan Rice und seiner Freundin Jenny Lewis bestehende Band begeistert mit eingängigen Folk-Pop-Songs und Jennys wunderschöne klingender Stimme, die nach sommerlicher Leichtigkeit und schwungvoller Freude klingt. Passenderweise hört damit auch der Regen auf und die Sonne lächelt wieder vom Himmel, als der Auftritt der Bright Eyes mit „ Firewall“ beginnt. Dieser Song des neuen und siebten Albums The People’s Key, das am 15. Februar, dem Geburtstag von Sänger Conor Oberst, veröffentlicht wurde, beginnt mit einem sphärischen Monolog des Refried Ice Cream-Sängers Denny Brewer, der darin unter anderem seine Version der biblischen Geschichte predigt und darin erinnert, dass „love’s always been the message.“
Erst nach dieser meditativen Rede betreten die Bright Eyes, bestehend aus dem Kopf der Band, Conor Oberst, den seit 2005 fixen Bandmitgliedern Mike Mogis und Nate Walcott sowie einigen weiteren unterstützenden Musikern, unter jubelndem Applaus die Bühne und eröffnen das Konzert mit dem eigentlichen Song „Firewall“ . Neben Liedern aus dem neuen Album, wie dem mitreißend rockigen „Jejune Stars“, der ersten Single „Shell Games“ mit einem wild herumhüpfenden Conor Oberst und dem wunderbaren „Ladder Song“, während dem das mucksmäuschenstille Publikum den Weisheiten („No one knows where the ladder goes. You’r e gonna lose what you love the most. You’re not alone in anything. You’re not unique in dying.”) des am Klavier spielenden Sängers Tribut zollen, gibt die Band auch viele ihrer älteren Songs zum Besten, darunter „Four Winds, Hot Knives“, „We Are Nowhere And It’s Now“ und „Cleanse Song“ . Die auf den Alben leicht melancholisch zittrige Stimme von Conor Oberst klingt live erstaunlich kräftig und klangvoll. Seine sehr bewusste Singweise gründet in dem Bemühen dem Publikum die liebevoll weisen aber auch schwermütigen Texte verständlich zu machen, unterstützt von weit ausholenden Handbewegungen.
Ein Höhepunkt des Abends ist ohne Frage das wunderbar traurige „ Lover I Don’t Have To Love“ mit Conor Oberst gebückt am Klavier und einem die düstere Atmosphäre verstärkenden dunklen Himmel.
Hat man von dem zierlichen Sänger eine stille, zurückhaltende Persönlichkeit erwartet, wird man eines Besseren belehrt. Er singt und tanzt so, wie man sich einen alteingesessenen Rockstar mit eigener Bar und mindestens zehn Groupies im Backstagebereich vorstellt. Zwischen schwindelerregenden Drehungen bedankt er sich beim Publikum, gibt erklärende Einführungen zu manchen Liedern und erzählt von der Tour.
Das mehr als zweistündige Konzert wird nach einer von Trommelwirbel begleiteten Vorstellung jedes beteiligten Musikers unter beinahe ununterbrochener Verwendung des F-Wortes, da alle „ fucking great“ sind, mit „One For You, One For Me“ und letzten Worten von Denny Brewer über die Erleuchtung beendet.
Zurück bleiben das unglaubliche Gefühl eine der großartigsten Bands der gesamten Musikgeschichte live gesehen und gehört zu haben, sowie wehmütige Niedergeschlagenheit darüber, dass das Konzert schon Vergangenheit ist.