Trink mit Verstand


Wie steht es mir Dir: Bist Du alkoholgefährdet?

-Versuchst Du Deine Stimmung hin und wieder mit Hilfe von Alkohol zu heben? Hast Du nach dem ersten Glas oft das Gefühl, unbedingt weiter trinken zu müssen?

-Trinkst Du immer mehr, als Du eigentlich vertragen kannst? -Fällt es Dir schwer, eine Woche lang auf Alkohol zu verzichten? – Haben Dir Freunde oder Familienmitglieder schon öfter geraten, weniger zu trinken? – Mußt Du eine dieser Fragen mit Ja beantworten, dann besteht die Gefahr, daß Du früher oder später einmal in die Abhängigkeit des Alkohols schlittern kannst.

Denn immer mehr Jugendliche fühlen sich heute den Anforderungen, die an sie gestellt werden, nicht gewachsen. Der Griff zur Flasche scheint zunächst leichter und einfacher zu sein, als sich „durchzubeißen“. Für Jugendliche, die Probleme haben, ist Alkohol aber besonders gefährlich. Denn die Gefahr, in den bekannten Teufelskreis abzurutschen, ist dann besonders groß. Natürlich wirst Du nicht gleich süchtig, wenn Du ein paar Mal betrunken warst. Wenn Du jedoch Deine persönlichen Schwierigkeiten ständig mit Alkohol zu lösen versuchst, dann besteht bei Dir die Gefahr, daß Du eines Tages nicht mehr davon los kommst und in diesen Teufelskreis gerätst. Der Rausch, in den Dich irgendein Problem getrieben hat, läßt Dich die Schwierigkeiten bestenfalls vergessen. Lösen kann der Rausch sie jedenfalls nicht. Im Gegenteil: Der Rausch schafft nur weitere Probleme. Nach einiger Zeit wird Dir klar, daß der Alkohol die Ursache der Schwierigkeiten nicht beseitigt hat, und aus Enttäuschung darüber greiftst Du wieder zur Flasche. Irgendwann – Du merkst es vielleicht gar nicht bist Du bereits seelisch abhängig. Du bildest Dir ein, daß Du nur freiwillig trinkst und jederzeit aufhören kannst. Aber dazu bist Du gar nicht mehr in der Lage, weil Du in Bezug auf Alkohol keinen Willen mehr hast. Nicht Du beherrschst den Alkohol, sondern der Alkohol beherrscht Dich. Wer soweit gekommen ist, fühlt sich nicht nur seelisch miserabel, sondern auch körperlich. Das Gedächtnis läßt nach, die Leistungsfähigkeit wird vermindert, und hinzu kommen Depressionen, Angst und die Enttäuschung über sich selbst, wenn man merkt, daß man abhängig ist vom Alkohol und seine Probleme nicht mehr selbst lösen kann. Wenn sich der Körper durch regelmäßiges Trinken an den Alkohol gewöhnt hat, verlangt er nach immer größeren Mengen. Der menschliche Körper kann jedoch nur eine bestimmte Menge Alkohol täglich abbauen. Schon 80 Gramm Alkohol, das sind etwa vier Flaschen Bier oder eine Literflasche Weißwein, führen beim Erwachsenen auf die Dauer mit ziemlicher Sicherheit zu gesundheitlichen Schäden. Bei Jugendlichen liegt diese Grenze noch niedriger. Dabei ist es völlig unerheblich, ob man sich betrunken fühlt oder nicht. „Trinkfestigkeit“ gibt es nicht. Wer glaubt, viel „vertragen“ zu können, weil bei ihm der Rausch erst relativ spät auftritt, irrt sich.

Der Körper kann Alkohol auch bei den „Trinkfesten“ nur in kleinen Mengen verarbeiten. Gefährlich wird es, wenn der Körper nach Alkohol wie nach täglicher Nahrung verlangt. Die häufigsten Schäden, die durch erhöhten Alkoholgenuß beobachtet wurden, sind ernsthafte Erkrankungen der Leber, Magenschleimhautentzündungen, Nervenentzündungen, Zittern und bleibende Gehirnschäden. Denn Alkohol ist ein Gift, das vor allem die organischen Zellen angreift. Folgender Betäubungsprozeß geschieht stufenweise beim Trinken:

Nach den ersten Schlucken Alkohol wird zuerst das Großhirn beeinträchtigt. Das Großhirn ist der Sitz unseres Bewußtseins. Alles, was wir bewußt wahrnehmen, uns vorstellen oder woran wir uns erinnern, wird von hier aus gesteuert. Daher läßt etwa ab 0,4 Promille, d.h. schon nach ein bis zwei Glas Bier, oder nach einer entsprechenden Menge Alkohol, unsere Kritikfähigkeit nach, und zwar sowohl uns selbst wie auch der Umwelt gegenüber. Durch das allmähliche Aussetzen des „Verstandes“, d.h. unserer bewußten Selbstkontrolle, treten all jene Wünsche und Triebregungen hervor, die sonst durch diese Kontrolle gesteuert werden: Man wird hemmungsloser,gesprachiger, leichtsinniger, ungenauer und aggressiver. Jede Fete ist ein schönes Beispiel dafür, was nach einigen Glas Bier so alles „rauskommt“.

Künstler und andere „kreative“ Menschen benutzen diese leichte Enthemmung, um dadurch an „tiefere“ Gedanken heranzukommen. Aber die meisten Musiker zum Beispiel, die so anfingen, endeten im schweren Suff, weil der bewußte Umgang mit der Wirkung des Alkohols eine schwierige Sache ist, die nie lange gut geht und deshalb nicht empfehlenswert ist.

Mit zunehmender Alkoholmenge, bei etwa 0,8 Promille, wird als nächstes das Kleinhirn beeinträchtigt. Hier werden das Gleichgewichtssystem und die Bewegungsabläufe der gesamten Muskulatur geregelt. Die meisten Menschen fangen nach fünf oder sechs Glas einer entsprechenden Menge Alkohol auffällig an zu schwanken und bekommen dann insgesamt den Ausdruck des Angetrunkenseins, da auch Geschwätzigkeit parallel weiter zunimmt. Bei etwa 2 Promille geht das Gleichgewicht völlig verloren. Wenn man weiter trinkt, obwohl man schon schwankt, passiert im Körper etwas Seltsames. Die Giftwirkung des Alkohols greift das Rückenmark an. Hier in der Wirbelsäule liegen alle die Reflexe, die unbewußt und gleichsam automatisch ablaufen, wie zum Beispiel der Augenlidreflex, der Kniesehnenreflex usw. Ferner liegt hier die Steuerung der gesamten Verdauungsorgane, also Blase und Darm. Die Beeinträchtigung bzw. völlige Lähmung des Rückenmarks durch den Alkohol ist deshalb so gefährlich, weil dies lebenswichtige Funktionen sind, die wir nicht bewußt ausführen können. Wir sind darauf angewiesen, daß sie von selbst „funktionieren“. Bei Ausfall dieser Reflexe, ab ungefähr 2 Promille, besteht absolute Unfallgefahr, weil in diesem Stadium der Trunkenheit die bewußte Verstandesfunktion (Großhirn) und die Bewegungskoordination (Kleinhirn) so gut wie ausgeschaltet sind und die lebensnotwendigen Schutzvorkehrungen nur noch von den automatischen Reflexen besorgt werden. Mit dem Ausfall der reflexgesteuerten Sinnesorgane erreicht man den Zustand der absoluten Hilflosigkeit. Man ist volltrunken. Dies tritt etwa zwischen 2 und 2,5 Promille ein. Die meisten Menschen erbrechen in dieser Phase, weil das Gift die Abwehrstoffe des Verdauungstraktes sozusagen als letzte „Bremse“ in Gang setzt.

Trinkt man trotz Erbrechen oder totaler Gleichgewichtsstörung und Ausfall der Reflexe immer noch weiter, wird schließlich auch das verlängerte Mark, das Zwischenhirn angegriffen und der Organismus unmittelbar mit dem Tode bedroht. Im Zwischenhirn nämlich werden die absolut lebensnotwendigen Funktionen der Atmung und der Blutzirkulation (Herz) ohne unsere Willensbeeinflussung geregelt. Das geschieht auch im Schlaf oder in Bewußtlosigkeit. Die Lähmung des verlängerten Marks tritt etwa bei 4 Promille auf, bei Kindern und Jugendlichen schon erheblich früher. Diese Lähmung führt fast immer zum Tod, dem in der Regel eine Bewußtlosigkeit vorangeht. Die meisten sogenannten Alkoholleichen (an Alkohol gestorben) weisen einen Blutalkoholgehalt von 4 bis 5 Promille auf. Das Bewußtsein setzt häufig schon nach 3 Promille aus.

Dieser stufenweise Betäubungsprozeß läuft jedesmal in dieser Reihenfolge ab, wenn wir Glas um Glas Alkohol an einem Tag zu uns nehmen. Und am nächsten Tag hat man dann Kopfschmerzen, auch wenn man weniger getrunken hat. Und einen erheblichen Nachdurst. Dieser beruht auf einer erhöhten Wasser- und Salz-Ausscheidung während des Alkoholtrinkens. Das einzig sinnvolle und ungefährliche Gegenmittel ist die vorsichtige Zufuhr von alkoholfreien Flüssigkeiten und Salz über stark gesalzene Speisen wie Salzheringe, Rollmöpse usw. Betäubungsmittel, Schmerztabletten, besonders in Verbindung mit Alkohol, und alkoholische Getränke jedoch sind unbedingt zu meiden, da sie nicht die Ursache der Kopfschmerzen beseitigen, sondern nur kurzfristig unbemerkt machen.

Je größer die Schwierigkeiten mit dem Partner, mit dem Beruf, der Schule oder allgemein mit dem eigenen Können sind, desto größer ist die Neigung, alle Sorgen und Nöte im Alkoholrausch zu ertränken. Gerade Sex soll durch Alkohol mehr Spaß machen. Viele glauben, daß „es“ mit Alkohol leichter, besser, schöner, tiefer, befriedigender oder überhaupt erst richtig „gehe“. Nach ein paar Gläsern Bier sind die Hemmungen wie weggeblasen. Du bist zu „allem“ bereit. Du fühlst Dich mutig, ausgelassen und in sexueller Stimmung. Du kannst Dich angstfreier auf das andere Geschlecht zubewegen, gibst Dich enthemmter und schamloser. Doch der Alkohol erzeugt jetzt nicht etwa die sexuellen Triebe und Gefühle, sondern er hebt nur die Selbstkontrolle auf, ohne die man jedoch Sex nicht bewußt miterleben und genießen kann. Er erleichtert den „Einstieg“ in Zärtlichkeiten und entschuldigt auch den „Ausstieg“. Besonders die, die schnell ein schlechtes Gewissen bekommen, rechtfertigen sich dann damit, sie seien voll gewesen, und da sei es eben passiert. Es ist zwar „passiert“, aber der Genuß am Sex kann nicht groß gewesen sein.

Viele von Euch können sicherlich ohne Alkohol ihren Alltag meistern und ihre Freizeit bewältigen. Wenn Du dennoch in bestimmten Situationen einen heben willst, solltest Du möglichst nicht „kippen“, sondern langsam mit Genuß trinken und zwar immer etwas weniger, als Du glaubst, vertragen zu können.

Höre früh genug auf zu trinken.

Beweise Dir und den anderen, daß Du auch stark genug bist, Nein zu sagen. Du brauchst Deine Ablehnung weder zu entschuldigen noch zu erklären.

Verleite niemanden zum Mittrinken. Zeige Verständnis für jeden, der nicht trinken will.

Wehre Dich gegen die, die aus Langeweile trinken, weil sie keine Phantasie haben.

Trinke niemals, um ein Problem zu lösen.

Trinke nicht, wenn Du Dich konzentrieren mußt.

-Wer Dich nicht akzeptiert, weil Du nicht mittrinkst, kann kein echter Freund sein.

Nur Du allein kannst Deine Probleme lösen. Wenn Du vernünftig handelst, wirst Du immer Lösungsmöglichkeiten und auch Menschen, die Dir helfen, finden. Der Alkohol wird Dir nie helfen.