Brain – Abgesang in leeren Hallen
Spektakuläre Resonanz wie in den vergangenen Jahren konnte das Brain-Festival 1979 nicht hervorrufen. Nach dem Motto „gebt dem Nachwuchs eine Chance bei Brain“ verzichtete die Firma Metronome in diesem Jahr darauf, die Zugpferde dieses Labels wie Jane oder Klaus Schulze ins Rennen zu schicken. Neben der norwegischen Formation Ruphus standen Anyone’s Daugther, Epitaph,Message, Accept und die neue Gruppe des ehemaligen Scorpions-Leadgitarristen Uli Roth, Electric Sun, auf dem Programm. Das war natürlich kein Aufgebot, das wie die Festivals 1977 5000 oder wie 1978 an zwei Tagen 6000 Leute in die Essener Grugahalle zieht. Ganze 2000 fanden sich in Essen zusammen. In Bad Rappenau und vor allem in Bremerhaven kamen noch bedeutend weniger Besucher. Dort fehlten immerhin auch Guru Guru im Programm, die nur in Essen auftraten.
Der Einstieg mit Message war nicht gerade aufregend, bot dafür aber einen soliden Eröffnungsakt. Anyone’s Daughter, umsatzträchtiger Nachwuchs aus dem schwäbisch-badischen Raum, die von ihrer ersten LP gleich in den ersten Wochen 10.000 Exemplare absetzen, spielten zum erstenmal außerhalb ihrer heimatlichen Region. Dort sind sie mit ihrer Musik, die deutlich in der deutschen Rockmusiktradition (Keyboards!) verankert ist, nämlich Lokalmatadore. Hessezitate zu schwer zugänglichen Themen- und Tempiwechseln sind ihr Markenzeichen.
Ein Feuerwerk verrückter Ideen, flatternde Hühner und ein jodelnder Mani: Guru Guru, die Freaks aus dem Odenwald hatten den mit Abstand spritzigsten act auf Lager. Danach Ruphus aus Norwegen, die jetzt wieder mit Sängerin Gudny Aspaas auftreten. Die Band begeisterte mit glasklarem Sound und stimmungsvollen Bildern.
Bei Kerzenschein und in reichlich Trockeneis-Nebel gehüllt stand Roths Electric Sun danach auf der Bühne. Uli hat seinen Traum von der eigenen Band seit der Trennung von den Scorpions konsequent verfolgt. Zwischen den Kollegen Tschaikowsky und Beethoven angesiedelt stellte sich von Roths Gitarre wie immer heraufbeschworen – der Geist von Jimi Hendrix ein. Epitaph schließlich fanden mit melodischem Rock von zwei Gitarren gute Resonanz. Danach hämmerte „Accept“, die harte Band aus der Stahlstadt Solingen, die letzte Runde ein.
Für die Firma Metronome bedeuteten die drei Brain-Festivals in diesem Jahr ein grosses Verlustgeschäft und gaben Anlaß, über die Rentabilität von Aktionen dieses Ausmaßes nachzudenken. Somit hat in diesem Jahr wohl auch das letzte Brain-Festival in dieser Form stattgefunden.